Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 119

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1997 28,8 Prozent und 1998 28,4 Prozent, und damit liegen wir nicht einmal mehr über dem EU-Durchschnitt.

Meine Damen und Herren! Wir liegen bei der Sozialquote nicht mehr über dem EU-Durchschnitt, und trotzdem sagen Sie, das sei unfinanzierbar? Ja, glauben Sie denn, dass sich die anderen EU-Länder, die eine wesentlich höhere Sozialquote haben, einen unfinanzierbaren Sozialstaat leisten? – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt betrifft die geringe soziale Treffsicherheit. – Ja, diskutieren wir doch über das, was Herr Grasser vorgeschlagen hat, nämlich über eine höhere soziale Treffsicherheit! Aber dann diskutieren wir bitte auch darüber, dass Sie beispielsweise beim Kinderbetreuungsgeld weitere ungedeckte Schecks ausgeben, zum Beispiel auf die Pensionsversicherung. Sie wissen das sehr wohl!

Herr Bundesminister! Sie glauben doch selbst nicht im Ernst, dass die Rücklage von 250 S von den 6 250 S schon ein Beitrag zur Finanzierung der Pensionen ist! Ich habe mir die Tabellen des FLAF genau angesehen. Zwischen 7 und 8 Milliarden Schilling an Rücklagen können Sie, gemessen am Leistungssystem von heute, für die Jahre 2001, 2002, 2003 bilden. Diese brauchen Sie für den Kinderbetreuungsscheck. Da bleibt aber kein Groschen übrig, um die Pensionsleistungen für diesen Kinderbetreuungsscheck zu finanzieren! Die kosten nämlich noch einmal 6 oder 7 Milliarden Schilling. Woher nehmen Sie dieses Geld?

Nächster Punkt in diesem Bereich: Sie versprechen den Präsenzdienern Beitragszeiten in der Pensionsversicherung. Auch das ist ein ungedeckter Scheck! Sie haben dafür das Geld nicht! Sie zahlen es derzeit nicht, und Sie werden es auch in Zukunft nicht zahlen können. Das ist eine Belastung, die Sie an die Pensionsversicherung weitergeben.

Damit erzeugen Sie immer wieder eine Debatte über die drohende Unfinanzierbarkeit des Sozialsystems. Sie sind es aber jetzt – das ist Ihre neue Verantwortung –, die neue Belastungen für das Pensionsversicherungssystem verursachen. Und Sie verursachen mit einer solchen Debatte über das Pensionssystem beispielsweise auch, dass jetzt schon den jüngeren Menschen, jenen, die in Pension gehen wollen, die vor dem Pensionsalter stehen, indirekt nahe gelegt wird: Geht so schnell wie möglich in Pension, sonst wird es noch schlechter!

Es wird derzeit schon pausenlos gesagt, in einigen Jahren gebe es natürlich weitere Veränderungen, seien weitere Anpassungen notwendig. Man braucht sich ja nur die entsprechenden Papiere durchzulesen, darin ist dauernd davon die Rede! Das heißt, der Zulauf in die Pension für alle, die diese Möglichkeit haben, wird sich noch verstärken. Jeder, der nur irgendeine Möglichkeit sieht, noch rasch in Pension zu gehen, wird sich in diese Pension retten wollen – egal, ob das die vorzeitige oder die Invaliditätspension ist.

Noch ein Punkt: Sie haben davon gesprochen, dass Sie die Angleichung der Rechte der Arbeiter an jene der Angestellten erreicht haben. – Das stimmt nicht! Es ist noch immer nicht klar, wie das Abfertigungsrecht neu aussehen wird. Die Beiträge für die Abfertigung neu werden nicht im ausreichenden Ausmaß wie bisher zurückgelegt, nein! Das ist schon klar, da hat der ÖAAB bei den Beitragssätzen schon herunterbuchstabieren müssen. Und das, Herr Bundesminister, liegt in Ihrer Verantwortung als Ressortchef. Das Kündigungsrecht ist nicht Sache der Kollektivvertragspartner!

Es gibt noch immer Bestimmungen der Gewerbeordnung von 1859, die in Kraft sind und das Entlassungsrecht für Arbeiter im Gewerbe bilden. Das sind unglaubliche Bestimmungen! Das ist aus dem 19. Jahrhundert! Das haben wir noch in Kraft, und das ist Bestandteil ungleichen Rechts zwischen Arbeitern und Angestellten. Dass Sie das nicht ändern wollen, passt gut in das Bild von dem, was wir heute eigentlich diskutieren sollten, dem Sie sich aber verweigert haben, indem Sie Debatten über einen Porsche, über andere Merkmale von Abgeordneten, über Wohnungen von Abgeordneten und was weiß ich noch alles geführt haben. Die Debatte geht aber nicht darum, sondern um die Zukunft des Sozialsystems, und dieser haben Sie sich verweigert. (Beifall bei den Grünen.)

17.39


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