Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 161

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Den Grundlehrgang gibt es nicht mehr. – Brauchen die Zivildiener jetzt überhaupt keine Vorbereitung mehr, überhaupt keine Einstellung auf ihren schweren Dienst, den sie für die Gesellschaft leisten? Welche kleine Organisation wird es sich leisten können, die Zivildiener selber auszubilden und vorzubereiten? Hat sich das jemand überlegt?

Das wirklich Schlimmste aber – es war heute auch schon oft Thema – ist, dass der Anspruch auf Verpflegung fällt. Kollege Haupt hat heute in einer Berichtigung gesagt, die Entschädigung für Zivildiener sei gestiegen. – Das ist ganz schlicht und einfach falsch, denn nur mit der Steigerung auf 3 648 S zu operieren und nicht dazuzusagen, dass diese Summe tatsächlich alles ist und sich die Zivildiener davon auch verpflegen sollten, weil sie keine Möglichkeit haben, in den Einrichtungen, in denen sie arbeiten, zu essen, verzerrt das Bild schon! Sie berichtigen hier mit falschen Fakten, und das finde ich nicht in Ordnung. (Abg. Haigermoser: Das ist eine hervorragende Rede gewesen von Herrn Kollegen Haupt!)

Dieser zynische Umgang mit Menschen zeigt für mich, wie diese Regierung offensichtlich mit unliebsamen, ihr unsympathischen Erscheinungen umzugehen vor hat. (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist ja überhaupt nicht wahr! – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist eine Unterstellung!) Für mich ist das Ziel, das damit verfolgt wird, völlig klar. Es zielt hin auf eine Demontage des Zivildienstes. Es zielt hin auf eine Demontage der Entscheidungsfreiheit für junge Menschen. Es zielt hin auf eine Demontage einer sehr, sehr wertvollen Einrichtung für Österreich. Wer das bestreitet, will Österreich etwas vorgaukeln, will die Österreicher für dumm verkaufen.

Das sind nicht meine Feststellungen, sondern meine Interpretationen von Zitaten, die Sie geliefert haben. Wenn Herr Minister Scheibner die jungen Männer jetzt zum Heer locken möchte mit der Äußerung, es gäbe keine Wartefristen und der Dienst mit der Waffe sei mit nichts zu vergleichen, so ist das für ihn persönlich vielleicht richtig und sei ihm zugestanden. In Wirklichkeit aber ist es ein plumpes Erpressungsmanöver, um die Leute vom Zivildienst weg zu bringen und sie in das Heer zu integrieren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.  – Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Gut, dass Sie mir das Stichwort geben: Wehrersatzdienst! Das ist gut. In einer Aussendung der Offiziersgesellschaft ist zu lesen – ich zitiere –:

"Genaugenommen" sei der Zivildienst ohnehin nur "ein Entgegenkommen des Staates."

Und weiters heißt es: "Wenn dieses Entgegenkommen aber zu exzessiv ausgenützt wird, dann ist die Politik aufgerufen, steuernde Maßnahmen zu setzen." – Zitatende.

Deutlicher kann man es wohl nicht mehr sagen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Haben Sie etwas gegen die Offiziersgesellschaft?)  – Nein, es beweist nur die von mir aufgezeigte Absicht, die hinter diesen Plänen steckt, und nichts anderes.

Es geht um die Entwertung des Zivildienstes. Man versucht auch, gleich zwei Fliegen mit einem Schlag zu treffen, denn diese Arbeit ist immerhin als wertvoll anerkannt, auch von Ihrer Seite. Wer wird sie in Zukunft leisten? Es gab heute schon einige diesbezügliche Zwischenrufe wie "freiwillig", "ehrenamtlich" – gut! Im Regierungsabkommen steht, man möge jenen Frauen, die als Hausfrau und Mutter zu Hause sind, eine Ausbildung in sozialen Pflegediensten zukommen lassen. Ist das dann in Zukunft der Platz, den sie einnehmen sollen? (Beifall bei der SPÖ.)

Oder betrifft es das, was im Regierungsübereinkommen als die "tatsächlichen Bedürfnisse von Frauen" bezeichnet wird? Sind das Ihrer Meinung nach diese tatsächlichen Bedürfnisse? Zuständig zu sein für die Pflege Österreichs? (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Was sind die tatsächlichen Bedürfnisse?)  – Im Regierungsübereinkommen der ÖVP und der FPÖ steht das; ich habe das nur zitiert. Ich rede hier von Fakten und interpretiere Ihr Programm. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Sagen Sie mir Ihre Bedürfnisse!)

Oder wird man auf diese Art Arbeitslose aus der Statistik entsorgen und ihnen dafür dann ein Bürgergeld in die Tasche stecken? Hat man das statt des Zivildienstes vor? (Abg. Kurzbauer: Keine Polemik! Das ist nichts als Polemik!) Das sind Fragen, die sich ergeben, denn es wird


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