Oder was sagen Sie dazu, dass man eine gesamte Partei und ihre Exponenten als "mieselsüchtige Koffer" bezeichnet hat? – Da sind Sie nicht sensibel! Aber wenn es um Ihre eigene Partei geht, wenn es um Ihre eigenen Belange geht, ist Ihnen jeder Kraftausdruck recht. Wenn es um Belange der Regierenden geht, legen Sie einen völlig anderen Maßstab an. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Außerdem, Herr Kollege Maier, möchte ich Ihnen sagen: Wir wissen es auch ganz genau zu werten, wenn Sie, und zwar immer wieder, vom Kollegen Wester thaler sprechen, wie das übrigens auch Herr Cap schon mehrmals in Diskussionen im ORF getan hat. Welche Assoziation damit erreicht werden soll, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist allen klar. Aber diese Geisteshaltung, die da dahintersteckt, disqualifiziert sich von selbst. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Dr. Fekter. – Abg. Dr. Mertel: Herr Hojac schon?)
Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, komme ich auf das Kapitel Oberste Organe zu sprechen, und da beschäftige ich mich im Besonderen mit dem Verfassungsgerichtshof. Wenn Sie auf dem Ring fahren und von der Babenbergerstraße in Richtung Parlament kommen, so können Sie das äußere Burgtor sehen, und da ist ein Spruch eingemeißelt, der folgendermaßen lautet: "Justitia regnorum fundamentum". Das heißt: Die Gerechtigkeit ist das Fundament der Regierenden.
Wenn man das jetzt sozusagen republikanisch aufwertet, heißt das nichts anderes, als dass der Rechtsstaat insgesamt gerecht zu sein hat. Und für welches Gericht trifft dieses Postulat, ja dieser kategorische Imperativ am besten zu? – Das ist doch der Verfassungsgerichtshof, denn der Verfassungsgerichtshof entscheidet nicht etwa über Bassena-Streitigkeiten, entscheidet nicht über Körperverletzungen, sondern er ist der Hüter unserer Bundesverfassung und entscheidet über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen, über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen und auch etwa über Wahlanfechtungen. Er entscheidet als Sonderverwaltungsgerichtshof, wenn verfassungswidrig entschieden worden sein sollte. Und er entscheidet auch über Individualanträge auf Aufhebung von Verordnungen und Gesetzen von direkt betroffenen Bürgern.
Nicht zu vergessen ist auch die Gesetzes- oder Verordnungsprüfung, die ordentliche Gerichte einleiten, wenn sie Zweifel haben, ob ein Gesetz verfassungswidrig ist oder eine Verordnung gesetzwidrig.
Die Wichtigkeit der Kompetenzen des Verfassungsgerichtshofes führt zwangsläufig dazu, den Bestellungsvorgang näher zu untersuchen, denn der Bestellungsvorgang ist das Wichtigste beim Verfassungsgerichtshof.
Wie wird man Verfassungsrichter? – Wir wissen aus der allgemeinen Gerichtsbarkeit, dass sich die Gerichtsbarkeit durch Personalsenate nach dem Prinzip der Selbstergänzung ergänzt. Beim Verfassungsgerichtshof ist es anders. Es gibt 14 Richter des Verfassungsgerichtshofes. Alle werden vom Bundespräsidenten ernannt: acht auf Vorschlag der Bundesregierung und je drei auf Vorschlag des Nationalrates und des Bundesrates.
Ich hatte schon mehrmals die Ehre, im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens bei den entsprechenden Hearings im Nationalrat anwesend zu sein, und ich konnte mich des Eindruckes nicht erwehren, dass nicht etwa jener, der sich dort am besten präsentiert hat, Verfassungsrichter wurde, sondern dass schon vorab abgesprochen war, wer neuer Verfassungsrichter werden sollte. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über diesen Bestellungsvorgang sollten wir nachdenken.
Gleichfalls nachdenken sollten wir über die so genannte dissenting opinion. Solange der Verfassungsgerichtshof von sich aus nicht bereit ist, sich damit zu befassen, sollten wir von dieser "dissenting opinion" abgehen – im Sinne dessen, was etwa der Präsident des Schweizerischen Gerichtshofes sagte: individuell in der Entscheidungsfindung, aber dann solidarisch in der Vertretung des Urteiles.