Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 22. Sitzung / Seite 114

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Anders wäre es, wenn die Volksanwälte das Stimmrecht im Hohen Haus verlangten. Das wäre ein ganz anderes Verlangen! Es wäre meines Dafürhaltens auch ein zu großes Verlangen, denn damit würden wir ja in die Gesetzgebung eingreifen – und das widerspräche dem Prinzip der Gewaltenteilung! Damit würden wir uns Rechte anmaßen, die uns von der Verfassung her nicht zustehen. Aber ein Hilfsorgan des Parlaments sein, werden wir ja noch dürfen, denn das sind wir jetzt de facto auch.

Meine Damen und Herren! Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die in den letzten Wochen so heftig diskutierte Kontrolle der Justiz durch die Volksanwälte. Ich schließe mich dem an, was mein Kollege Schender gesagt hat: Es war von Anfang an nur eine Diskussion innerhalb der Volksanwaltschaft, aber es ist nie offiziell von den Volksanwälten gefordert worden, die Gerichte kontrollieren zu können!

Ich habe sofort gesagt, dass das nicht sein kann. Die Volksanwaltschaft kann nicht in die unabhängige Gerichtsbarkeit eingreifen. Das wäre ebenfalls ein Bruch des Prinzips der Gewaltenteilung, das ja eine wesentliche Säule jeder Demokratie ist, daher darf es nicht – weder mit einem Schlag noch schön langsam, peu à peu, mittels Salami-Taktik – konterkariert oder hintergangen werden.

Allerdings ist es richtig, dass an den Sprechtagen sehr viele Leute zu uns kommen, die sich über Richter, über Urteile, über Prozesse, die sie verloren haben, beschweren. Warum auch nicht? Ich denke, man könnte jetzt einen Weg finden, um es der Volksanwaltschaft zu ermöglichen – und wenn es sonst nichts ist, dann könnten wir vielleicht dazu in die Lage versetzt werden –, diese an sie herangetragenen Beschwerden einfach weiterzuleiten, ohne Kommentar! Wir sagen nur: Wir hatten da und dort Sprechtag, über diesen oder jenen Richter, über diese oder jene Richterin, über dieses Gericht und so weiter sind diese oder jene Beschwerden bei uns eingelangt. Dann kann man das dem jeweiligen Gericht zur Kenntnis bringen. Aber zu beeinflussen, wie die Gerichte innerhalb ihres Wirkungsbereiches damit umgehen und wie sie damit verfahren, ist garantiert nicht Sache der Volksanwaltschaft!

Meine Damen und Herren! In all den Jahren des Bestehens dieser Einrichtung haben, denke ich, alle Volksanwälte, die es je gegeben hat, sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Zufriedenheit vieler Bürger gearbeitet, wenn auch nicht immer zur Zufriedenheit jener Behörden, die sie kontrolliert oder überprüft haben. Aber das ist ja schließlich unser Geschäft! Deswegen sind wir ja da!

Im Jahre 1973, genau am 27. Juli 1973, hat Herr Dr. Fischer, nunmehr Präsident des Parlaments, gewarnt, und das war sehr vorsichtig gedacht von ihm – ich zitiere wörtlich –:

"Die Gefahr ist groß, dass man sich auf jemanden", gedacht ist als Volksanwalt, "einigt, von dem man annimmt, dass er niemandem wehtut." – Zitatende.

Rückblickend betrachtet, Herr Präsident, war das zwar sehr vorsichtig gedacht, aber es hat sich, denke ich, mit den Jahren erwiesen, dass man sich auf niemanden geeinigt hat, der davor Angst gehabt hätte, irgendjemand weh zu tun. Bei uns ist das sicherlich nicht der Fall! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ, der Freiheitlichen sowie der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es wird jetzt sehr viel von neuen Auswahlkriterien für die Volksanwälte gesprochen. Sollten sie einmal verwirklicht werden, so wünsche ich mir, dass jene Volksanwälte, die aus diesen neuen Auswahlkriterien hervorgehen, ganz gleich, in welcher Besetzung, genauso wie ihre Vorgänger ein offenes Ohr für die Bürger und Bürgerinnen haben und zu deren Zufriedenheit arbeiten.

Bei Ihnen, meine Damen und Herren Abgeordneten, liegt es auf jeden Fall, die Institution Volksanwaltschaft zu erhalten, sie nicht auszuhöhlen, sondern sinnvoll auszubauen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

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