Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 22. Sitzung / Seite 147

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rung und hat absolut nichts mit einer Vetodrohung, wie Sie das gerne darstellen und diskreditieren möchten, zu tun.

Wir hoffen daher – besonders im Lichte des angesprochenen Rates auf den Azoren – auf eine schrittweise Einsicht der 14. Wir dürfen uns aber nicht neuerlich in eine Falle locken lassen, die da lautet "schlechter Europäer". Wer aus wohlbegründetem Eigeninteresse – nicht auf Grund von Justament-Standpunkten – nein sagt und nicht alles bedingungslos hinnimmt, was Brüssel vorschreibt, ist deswegen kein schlechter Europäer!

Schlechte Europäer sind jene, die aus Paris oder von sonst irgendwo in innerstaatliche Angelegenheiten vor allem kleinerer Staaten eingreifen wollen, in diese Staaten hineinregieren wollen und Wählerentscheidungen nicht akzeptieren, denn sie und ihre Sanktionen nähren die Europaskepsis in diesem Europa und nicht wir Österreicher!

Es wäre deshalb auch falsch, in der Erweiterungsfrage auf die Durchsetzung von Forderungen zu verzichten, nur um als europäischer Vorzugsschüler zu gelten. Es gibt einen bekannten Buchtitel, der lautet: "Gute Mädchen kommen in den Himmel, schlechte überall hin." – Abgewandelt auf den EU-Bereich könnte man sagen: Die guten Europäer werden gelobt und dürfen zahlen, die hartnäckigen erhalten das Geld und setzen ihre Interessen durch.

Meine Damen und Herren! Wir sind dazu da, die österreichischen Interessen zu wahren und nicht dazu, brav zu sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dazu gehört nicht zuletzt, dass eine mögliche Osterweiterung nicht übereilt, sondern in geordneten Verhältnissen verläuft. Und wie wir uns eine geordnete und verträgliche Form der Erweiterung vorstellen, müssen wir in den Verhandlungen rechtzeitig einbringen. Wir dürfen uns nicht verschweigen, so wie das vielerorts jetzt von uns gefordert wird. Wenn wir erst kurz vor der Vertragsunterzeichnung unsere Stimme erheben, dann können sich unsere süd- und südosteuropäischen Nachbarn nicht mehr darauf einstellen und wären dann wohl mit Recht verärgert.

In der Erweiterungsfrage geht es nicht nur um Arbeitskräfte, Migration und Transit, sondern auch um andere Fragen, wie vom Kollegen Schweitzer bereits angesprochen, nämlich um die Umwelt- und AKW-Politik.

Wir haben im Regierungsübereinkommen bewusst darauf verzichtet, für bestimmte Forderungen ein Junktim als Rute ins Fenster zu stellen. (Abg. Großruck: Ein "Jung-tim?") Aber wer glaubt, daraus ableiten zu können, dass wir knieweich geworden sind und nur wegen einer Regierungsbeteiligung auf berechtigte Forderungen, Bedenken und Ansprüche verzichten, irrt sich schwer. (Abg. Öllinger: Jawoll!)

Ein anderer Bereich, der die gute Nachbarschaft empfindlich stört, ist jener der Beneš-Dekrete und AVNOJ-Beschlüsse, die noch immer die Vertreibung, Enteignung und sogar Ermordung von Millionen von Menschen rechtfertigen, nur weil ihre Muttersprache Deutsch war, Bestimmungen, die auch heute noch Auswirkungen auf die in diesen Ländern lebenden Menschen haben.

Wir Österreicher – auch Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, können da zuhören –, und nicht die Bundesrepublik Deutschland, wir Österreicher tragen besondere Verantwortung für diese Menschen! Zu Österreich gehörten sie seit Jahrhunderten oder wurden von Österreich, wie die Schwaben, gerufen, um in den Türkenkriegen verwüstete Gebiete wieder fruchtbar zu machen. Sie waren keine Kolonialisten, die ihr Vermögen aus Sklavenfleiß oder der Vertreibung und Ermordung von Einheimischen gewonnen haben, wie das in den britischen, belgischen oder französischen Kolonien geschehen ist, sondern sie haben es sich mit ihren Händen erarbeitet. Ihre Vertreibung, ihre Enteignung und teilweise Ermordung in den Jahren 1944 und 1945, ihre bis heute gültige Entrechtung war und ist Unrecht, das wir nicht akzeptieren werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht uns dabei nicht primär um finanzielle Wiedergutmachung. Die Vertreiberländer haben sich mit diesen Maßnahmen selbst einen schweren wirtschaftlichen Schaden zugefügt. Es geht uns aber sehr wohl darum, moralisches Unrecht einzugestehen und den noch lebenden Vertrie


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