Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 45

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Strukturänderungen brauchen wir nicht nur für die Standards in unserem Land, sondern auch, um in Europa das bringen zu können, was Europa von uns erwartet. Ich erinnere nur an die Budgetpolitik und andere europäische Zusammenhänge. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Als Mitglied des Wirtschaftsausschusses habe ich jene tief greifenden Strukturänderungen, die die Regierung in den Jahren 1995 bis 1999 angegangen ist, in Unterausschüssen mitverhandelt. Ich möchte nur zwei dieser Änderungen herausgreifen, nämlich die Liberalisierung der Gewerbeordnung in zwei Schritten sowie die Befassung mit dem Thema "Freigabe des Strommarktes" als Vorbereitung für die Liberalisierung des gesamten Energiemarktes – Gas ist ja der nächste Schritt nach dem viel diskutierten ElWOG.

Ich habe unseren Fraktionssprecher Karlheinz Kopf oft bewundert, mit wie viel Geschick, Nerven und Kraft er damals die Verhandlungen im Unterausschuss geführt hat, denn es wurde uns damals gesagt, dass Übergangszeiten von fünf, sechs Jahren nicht ausreichen würden, die Freigabe des Strommarktes im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation der Unternehmen und die Auswirkungen auf die vielen Tausenden Beschäftigten der EVUs verkraftbar zu machen. Wir haben uns letztendlich zu einem Kompromiss gefunden, wonach diese Liberalisierung mit Übergangsregelungen festgelegt wurde.

Ich möchte in diesem Zusammenhang durchaus an den damaligen Minister Farnleitner erinnern, der von Regierungsseite her Mitverantwortung getragen hat, aber auch an den damaligen Umweltminister Bartenstein und an Landwirtschaftsminister Molterer, die davon ebenfalls betroffenen waren, weil die Themen Energiepolitik, Strommarkt und Energiemarktfreigabe eine Schlüsselfunktion für viele Strukturänderungen haben – nicht nur im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft, sondern auch viele Lenkungsfunktionen, die ich vielleicht noch kurz ansprechen kann.

Etwas war für mich dann überraschend – und das müsste uns über alle Fraktionsgrenzen hinweg verbinden –: In jenen Bereichen, in denen die Ängste am größten waren, sind die Übergangszeiten nicht einmal zu 20 Prozent genützt worden, denn wir sind nach der Freigabe des Marktes in einem Segment eigentlich innerhalb von einem Jahr nach In-Kraft-Treten des Gesetzes schon dabei, die Gesamtliberalisierung vorzuziehen und schon im Jahre 2001 auch die Kleinabnehmer mit einzubeziehen. Das ist eine Reform, die unerlässlich war. Sie sollte uns Mut machen.

Daher möchte ich abschließend – meine Redezeit geht zu Ende – einen Appell an die Oppositionsparteien richten: Meine Damen und Herren, Ihre Forderung, nämlich die bei Liberalisierung unverzichtbarer Rahmenbedingungen in sozialer Hinsicht, in Lenkungshinsicht voll zu gewähren, ohne zu liberalisieren, ist für diese Volkswirtschaft und für diese Gesellschaft nicht verkraftbar. Lassen Sie uns daher einen gemeinsamen Weg finden und sagen: Die internationalen Gegebenheiten erfordern eine Liberalisierung, und das, was für uns inhaltlich in der Sozialpolitik und in Bezug auf Lenkungsfunktionen unverzichtbar ist, stellen wir diesen liberalen Märkten als flankierende Maßnahmen zur Seite.

Ich musste – ich sage das ganz offen – in den letzten zehn, fünfzehn Jahren als Bauernvertreter einiges mittragen, bei dem mir unter Umständen, rein aus dem Interessenbezug, eine Monopolstellung oder ein abgegrenzter Markt lieber gewesen wäre. Es war aber nicht haltbar, wir mussten die volle Liberalisierung des europäischen Binnenmarktes mitmachen, haben aber auch Verständnis für unsere flankierenden Maßnahmen gefunden.

Und ich sage klipp und klar: Wenn es im nächsten Schritt gelingt, das, was die Länder mit den Einspeistarifverordnungen erfreulicherweise begonnen haben, also mit Lenkungsmaßnahmen das, was der freie Wettbewerb an ökologischen und anderen Unverzichtbarkeiten, etwa die Versorgungssicherheit in den entlegendsten Regionen, nicht zulässt, mit derartigen flankierenden Maßnahmen weiter aufrechtzuerhalten, dann haben wir im Grunde genommen ein Beispiel dafür geschaffen, wie wir in vielen Bereichen nachziehen können, um Wettbewerbskraft und Marktwirtschaft mit liberalen Ordnungen zuzulassen und gleichzeitig den sozialen Ausgleich, die


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite