Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 128

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Da möchte ich Sie bitten, meine Damen und Herren: Bleiben wir doch zunächst einmal dabei! Wir haben in Österreich ein – ich habe sehr aufmerksam zugehört – Gesundheitssystem mit gar nicht so schlechter Leistungsfähigkeit, aber eben auch mit bestimmten Defiziten. Die sind nicht klein! Man sollte sie auch benennen, Herr Abgeordneter Rasinger.

Wir haben – Sie selbst haben ja das Beispiel angesprochen – durchaus so etwas wie versteckte Rationierung in unserem Gesundheitssystem. Die Punkte, bei denen diese versteckte Rationierung stattfindet, sollte man benennen. Sie sind genau entlang dieser sozialen Grenzen zu finden, die Kollege Grünewald schon beschrieben hat. Das sind die versteckten Rationierungspotentiale, die in diesem Gesundheitssystem wirksam werden. Ich weiß nicht, ob Ihre Mutter eine reiche oder eine arme Frau ist, ob sie sich verbal ausdrücken kann oder nicht, aber genau das sind die Punkte, die den Menschen im Gesundheitssystem, unabhängig davon, ob es von Schwarz-Blau, Blau-Schwarz, Rot-Schwarz oder nur Rot verwaltet wurde, schon bisher zu schaffen gemacht haben. – Das ist ein Punkt: Wir haben versteckte Rationierung, und wir sollten sie benennen. Ich habe Ihnen jetzt einen Punkt dieser versteckten Rationierung im Gesundheitssystem genannt.

Das Zweite, worüber wir ernsthaft diskutieren sollten: Es ist ein paar Mal vom "Auftrag der gesetzlichen Krankenversicherung" die Rede gewesen. Aber reden wir doch auch darüber: Was bedeutet dieser Auftrag der gesetzlichen Krankenversicherung?

Wir haben eine soziale Krankenversicherung – dieser Begriff ist noch nicht gefallen; vielleicht will man ihn auch nicht nennen –, deren Prinzip darin besteht, dass innerhalb der Versicherten zwischen den wenig Verdienenden und den Besserverdienenden ein Ausgleich geschaffen wird und, zum Zweiten – und das ist das hehrste Prinzip dieser sozialen Krankenversicherung –, dass im Verband der Versicherten dann, wenn das Risiko anfällt, keine Belastung für die Kranken entsteht.

Jetzt versuche ich, Ihre Aufmerksamkeit auf die Frage zu lenken: Funktioniert dieses System nach diesen Prinzipien? Ist es wirklich so, dass im Bereich der österreichischen sozialen Krankenversicherung die Besserverdienenden, im Unterschied zu den weniger Verdienenden, adäquate Beiträge leisten? – Sie wissen, wir haben eine Beitragshöchstgrenze. Der Vorschlag, den der Herr Staatssekretär gemacht hat, nämlich die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage, wäre sozial gerechter als das, was Sie vorgeschlagen haben – um es zu benennen: Das entspricht dem Prinzip einer sozialen Krankenversicherung.

Der zweite Punkt: Haben wir in diesem System der sozialen Krankenversicherung einen Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken? – Jetzt können Sie sagen: Vielleicht ist die Debatte überdreht. Sie können auch sagen: Vielleicht geht es da auch um Defizite der Vergangenheit. – Damit haben Sie sogar vollkommen Recht. Die Debatte über Selbstbehalte führen wir ja nicht zum ersten Mal! Wir haben sie entlang zweier Sparpakete geführt, und ich kann mich daran erinnern, dass damals die Abgeordneten – oder einige Abgeordnete – der Freiheitlichen Partei genauso wie wir Grünen Argumente gegen die Selbstbehalte geltend gemacht haben.

Jetzt treten die Vertreter der Freiheitlichen Partei auf und übernehmen die Argumente für den Selbstbehalt. Ich mache nur darauf aufmerksam – und das war Sinn und Zweck der Debatte –: Im Rahmen einer sozialen Krankenversicherung einen Selbstbehalt, der nicht in die richtige Richtung regulieren kann – und das wollen Sie auch nicht –, vorzusehen, das bedeutet, dass dieser einem Finanzierungsmotiv folgt. Da stellt sich dann die Frage, ob ein Selbstbehalt – und da gäbe es gute Beispiele, etwa bei den Medikamenten einen Selbstbehalt in der Höhe von 55 S oder einen Selbstbehalt im Bereich der Ambulanzen – nicht doch jene eindeutig stärker belastet, die sich das nicht leisten können. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist die Argumentationsführung, die zu erbringen war und die auch stimmt. Natürlich: Das gilt für jeden Selbstbehalt, der nicht den gewünschten oder keinen Regulierungseffekt hat, sondern nur aus Finanzierungsgründen gesetzt wird. Das ist ja ganz offensichtlich auch bei dem von Ihnen mitvertretenen Selbstbehalt im Bereich der Rezeptgebühren der Fall. Das Beispiel der Generika ist schon genannt worden, wo nicht zwischen Generika und den Originalmedika


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