Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 24. Sitzung / Seite 48

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ein Bildungskonto wird es schon geben. Zahlen Sie freiwillig ein! Gehen Sie mit gutem Beispiel voran! Wenn Sie zu viel Geld haben, dann zahlen Sie es ein! Die ganze Republik wird es Ihnen danken. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Leiner: Ich täte es gerne! Vielleicht als Spende für die SPÖ, in Ihre Parteikassa! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Frau Bundesminister hat in ihrem Redebeitrag einen, wie ich meine, wichtigen Satz gesagt, den ich ein bisschen korrigieren möchte, und ich bitte Sie, mir deswegen nicht böse zu sein, Frau Bundesministerin.

Sie haben gesagt, in Ihren Augen seien die Lehrer der wichtigste Bestandteil der Schule. – Ich würde sagen, sie sind ein wichtiger Bestandteil, für mich am wichtigsten sind aber eindeutig die Schüler, also jene Menschen, die zur Schule gehen, für die wir als Politiker da sein müssen in Bezug auf die Gestaltung der gesetzlichen Grundlagen. (Abg. Rosemarie Bauer: Wo ist da der riesige Unterschied?) Vielleicht können wir uns darauf einigen, Lehrer und Schüler sind gleich wichtig, dann bin ich bei Ihnen. Jedenfalls sollten wir bei einer Diskussion, bei der es um die Schule, um die Bildung geht, die Schüler nicht vergessen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, die Chancen der Beschäftigung hängen eng mit der Ausbildung zusammen. Ende April gab es in unserem Land 194 000 Arbeitslose, das sind um 16 Prozent weniger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres, also eine positive Entwicklung am Arbeitsmarkt. Aber 88 000 von diesen 194 000 Arbeitslosen – das sind fast die Hälfte der Arbeitslosen – haben als höchste abgeschlossene Bildung nur die Pflichtschule. Deshalb meine ich, dass Bildung, Ausbildung und vor allem auch die Lehre, die Lehrlingsausbildung, wichtig in unserem System sind.

In den letzten Jahren wurde die Lehrlingsausbildung für die Betriebe durch viele Maßnahmen, die von der Wirtschaft gefordert wurden, verbilligt. Wir haben die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt und teilweise gestrichen. Steuerfreibeträge wurden für die Wirtschaft eingeführt, aber das führte nur zu Mindereinnahmen in den Budgets und nicht zu dem, was wir gehofft hatten, nämlich zu mehr Lehrstellen.

Es gab keine Steigerung der Zahl der Lehrstellen, sondern im Gegenteil, die Gewerbliche Wirtschaft ist ihrer Verpflichtung, Lehrlinge einzustellen, immer weniger nachgekommen. Beispielsweise gab es im Jahre 1997 in der Gewerblichen Wirtschaft 38 000 Lehrlinge im ersten Lehrjahr, und zwei Jahre später, 1999, nachdem wir fördernde Maßnahmen und Verbilligungen durchgeführt haben, waren es nur mehr 35 674.

Also je mehr man nachgegeben hat, je mehr Anreize man geschaffen hat, umso weniger Lehrlinge hat die Gewerbliche Wirtschaft beschäftigt, umso weniger Lehrstellen haben die Mitgliedsbetriebe der Wirtschaftskammer angeboten.

Diese Maßnahmen haben also nichts gebracht, außer Geschenke für die Ausbildungsbetriebe, die aber ohnehin Lehrlinge ausbilden. Gleichzeitig wird schon über Fachkräftemangel geklagt. Einer Presseaussendung des österreichischen Instituts für Gewerbe und Handwerksforschung vom 11. Mai entnehme ich: "Gewerbe klagt über akuten Fachkräftemangel. Derzeit fehlen bereits 30 000 zusätzliche Mitarbeiter." – Grund genug, sich über die Ausbildung unseres beruflichen Nachwuchses Gedanken zu machen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Was wir brauchen, ist eine neue Form der Finanzierung der Lehrlingsausbildung. Ein Vorschlag von uns Sozialdemokraten wäre, Überschüsse aus dem Insolvenzfonds (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Mitterlehner ) nicht zur Gänze dem Budget zuzuführen, sondern einen Teil der von der Wirtschaft aufgebrachten Beiträge in der Wirtschaft zu belassen und damit einen Berufsbildungsfonds zu finanzieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! So könnte man Ausbildungsbetriebe wirkungsvoll unterstützen und damit echte Anreize zur Hebung der Ausbildungsbereitschaft bieten.


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