Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 24. Sitzung / Seite 95

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tisch ... mit dem Bundesheer auseinandersetzen", was heißt denn das? Darf man nicht sagen, dass vielleicht die Motivation oder die Ausbildung beim Bundesheer zu verbessern wären? Das ist doch auch eine kritische Bemerkung! Und solch eine Bemerkung führt zur Überwachung?

Wo ist da der Rechtsstaat? Wo ist die Grenze? Gegen wen ist der Einsatz geboten? – Das ist völlig undifferenziert und damit jenseits der Grenzen des Rechtsstaates. (Beifall bei den Grünen.)

Noch etwas sei dazu angemerkt: Wir wissen, dass diese Dienste nicht nur von staatlichen Stellen in Anspruch genommen werden und wurden, sondern auch von Firmen. Und wir wissen auch, dass teilweise große Firmen und Konzerne eigene Sicherheitsleute beauftragen und dass es da einen Datendeal gibt. Es wird natürlich noch interessanter, wenn das Firmen sind, die zwar sehr viel Positives tun, sehr viele Arbeitsplätze sichern, aber zum Beispiel auch ein Standbein im Atombusiness haben, wie etwa die Firma Siemens. Und dass diese so manche Aktivitäten der "Mütter gegen Atomgefahren" vielleicht kritisch beurteilen, kann ich schon nachvollziehen, es stellt sich jedoch die Frage: Wieso steht die Republik Österreich auf der Seite der Firma Siemens und gegen die "Mütter gegen Atomgefahren"? Das kann ich nicht mehr nachvollziehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir wissen, dass etwa Pharmakonzerne – wir kennen sogar konkrete Beispiele wie die Firma Immuno/Baxter –, die CA, Siemens solche Aktivitäten forcieren. Ich frage Sie: Ist es jetzt so, dass man da einen schwunghaften Datendeal betreiben kann und dass es dafür nun auch die entsprechende gesetzliche Grundlage gibt – ja mehr noch, dass sich diese Grundlage auch auf den Handel mit Daten mit dem Ausland bezieht? Mit wem, frage ich, mit wem tauscht man da aus? Wie war denn das etwa in Fällen kriegerischer Auseinandersetzungen und Konflikte? Auf wessen Seite, wo war da die Neutralität? Wo waren die rechtlich geschützten Werte?

Der erste Punkt also: Gegen wen richtet es sich? Wer sind die Verbündeten? Wer sind die potentiell Betroffenen? – Es ist das rechtsstaatlich völlig unklar, nicht präzisiert und damit verfassungswidrig!

Zweiter Punkt: Wann ist denn ein Einsatz geboten? – Auch da ein Vergleich mit dem Strafrecht: Im Strafrecht gibt es eine ganz klare Grenze der Strafbarkeit. Böse denken sollte man vielleicht nicht, betrifft aber noch nicht den Bereich des staatlichen Rechtes. Im staatlichen Recht gibt es eine ganz klare Grenze, sie ist im § 15 des Strafgesetzbuches geregelt und heißt "Versuch". In jenem Moment, in dem eine Täterin, ein Täter dieses Stadium überschreitet, ist – unabhängig von der Ausführung der Tat – Strafbarkeit gegeben, bei manchen, besonders gefährlichen Delikten auch schon früher, nämlich bei Vorbereitungshandlungen. Das ist im Strafgesetzbuch ganz klar und präzise umschrieben. Somit kann ich als Normunterworfene wissen: Jetzt ist der Punkt erreicht, an dem ich mit Strafe und Verfolgung rechnen muss.

Vergleichen wir das mit Ihrem Entwurf, mit dieser Regierungsvorlage: Nichts davon ist darin enthalten! – Eigentlich können sich demzufolge diese geheimen Dienste selbst überlegen, wann sie sich irgendwo einschalten. Wenn die "Mütter gegen Atomgefahren" ein Flugblatt verbreiten, wenn sie irgendwo stehen und Unterschriften sammeln – ist das gefährlich, ist das verboten? Die Militärdienste können es so behandeln. Sie können einen derartigen Einsatz jederzeit starten, wenn sie die Zeit für gekommen erachten.

Das, was das eigentlich ist, sollte man gerade in einem Staat mit der Geschichte Österreichs auf keinen Fall und um keinen Preis einführen: Es sind nämlich ausnahmegesetzliche Regelungen, ohne dass es die Verhängung des Ausnahmezustandes gibt! Ausnahmegesetzliche Regelungen gibt es in manchen Staaten – und es kann gefährliche Umstände geben, die so gefährlich sind, dass die normalen Spielregeln nicht mehr gelten –, aber dann muss auch jener Punkt definiert sein, an dem man sagt: Hier ist die Grenze erreicht, es gelten andere Spielregeln!

Sie haben mit diesem Entwurf mitten im Frieden, mitten im Rechtsstaat Spielregeln vorgelegt, die diese Grenze verletzen und jenseits des Rechtsstaates stehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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