Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 18

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und sinnvoll ist, ihn zu benutzen, weil diese Züge Personen nicht zu dem Zeitpunkt dorthin bringen, wo Menschen als Pendler oder als Schülerinnen und Schüler sein müssen und wollen, nämlich am Dienstort oder wieder zu Hause.

Die Nebenbahnen sind in den letzten 30 bis 40 Jahren – und da gebe ich, Herr Minister, zu: dafür tragen nicht Sie die Verantwortung – in einem so hohen Ausmaß kaputtgespart worden, dass man heute "händereibend" sagen kann: Also gut, stellen wir sie ein, denn es fährt ohnehin keiner mehr damit! – Wenn Züge in die Regionen hinaus zu Zeiten fahren, zu welchen ohnehin kein Mensch unterwegs ist, braucht sich kein Mensch zu wundern, dass sich das so entwickelt.

Andererseits aber – und das muss schon klar sein – ist jede Einstellung einer Nebenbahn ein Schlag gegen das Gesamtnetz. Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel aus Italien erklären: Es gibt in Italien eine Gegend, wo sehr viele Fliesen produziert werden, und diese gingen in den letzten Jahrzehnten eigentlich alle über die Bahn nach Mitteleuropa, nach Deutschland, nach Österreich und vielleicht auch noch weiter nach Norden. Als die Lombardei begann, die Nebenbahnen zu schließen, fehlten oft 30, 40, 50 Kilometer zwischen dem Produktionsort und der nächsten Eisenbahnstation. Und wissen Sie, was in den letzten Jahren geschehen ist? – Alle diese Fliesen kommen heute im LKW über die Autobahn, weil durch eine kleine Lücke im Bahnnetz die Bahnverbindung unterbrochen ist. – Auch im Personenverkehr gibt es Analogien.

Wenn man Verkehrsnetze an den Enden beschneidet, so hat man das Problem, dass die Netzqualität insgesamt sinkt. Das ist eine falsche Politik, und die greifen wir an! (Beifall bei den Grünen.)

Die Kürzungen im Verkehrsverbund und gleichzeitig die Einstellung von Nebenbahnen sind natürlich ein massiver Schlag gegen öffentliche Verkehrsmittel, eigentlich gegen alles, was gerechte Mobilität bedeutet. Und eines ist schon klar: Das Geld geht in den Ausbau der Straße! Das geht nicht nur in andere oder bessere oder vielleicht dringendere Bahnlinien, sondern dieses Geld ist ganz offensichtlich für den Ausbau der Straße reserviert. Die Kürzungen im Bereich des Straßenbaus und bei den Mitteln, die für den PKW- und LKW-Verkehr zur Verfügung gestellt werden, sind natürlich wesentlich geringer ausgefallen, als das möglich und auch sinnvoll und auch – zum Beispiel gegenüber den Pendlern – gerecht gewesen wäre.

Diese Politik, die sich im Budget niederschlägt, ist straßenorientiert, und sie ist es sogar auf die falsche Weise. Sie, Herr Minister, erhöhen die Fixkosten beim PKW und nicht die kilometerbezogenen Kosten.

Das ist natürlich Motivation für alle, möglichst viel um das gleiche Geld zu fahren. Das ist natürlich der völlig falsche Weg in der Verkehrspolitik, wenn es darum geht, einen Mix von Verkehrsmitteln zu erreichen und die freie Wahl des Verkehrsmittels endlich den meisten oder allen Menschen zu ermöglichen.

Diese Kürzung am falschen Eck und die Belastung der Autofahrer im falschen Bereich, nämlich bei den Fixkosten, haben negative Folgen für das Fahrverhalten, das Sicherheitsverhalten und so weiter und so fort.

Herr Minister! Sie machen damit eine Politik, die unsere Straßen weiter verstopfen wird, Sie machen damit aber auch eine Politik, die die Sicherheit auf den Nebenstrecken genauso reduzieren wird wie die Sicherheit auf den Hauptstrecken, und Sie machen damit auch eine Politik, die die hohen Schulden, die vor allem durch den Straßenbau und auch durch den Bau von Infrastruktur angehäuft wurden, nicht abbauen helfen wird.

Wir haben zwei große Probleme auf der Einkommenseite – das sage ich jetzt etwas salopp – zu erwarten, nämlich das Problem beim Fall der Brennermaut und das Problem betreffend die Ökopunkte, beides in erster Linie orientiert auf den LKW-Verkehr. Diese beiden Problemkreise – und sie sind heute in Westösterreich deutlicher und dramatischer sichtbar als in Ostösterreich; das heißt aber nicht, dass sie im Osten nicht vorhanden wären – werden Ihrem Budget der nächsten Jahre Einnahmenausfälle bescheren. Schließlich lässt sich doch noch nicht absehen, wann das LKW-Road-Pricing wirklich eingeführt wird, mit welchem technischen System es


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