Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 39

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Ich frage mich: Wie kann man Regierungsprogramme schreiben und versuchen, ihnen mit Macht, Mehrheiten und Druck zum Durchbruch zu verhelfen, wenn keine relevanten Daten zur Steuerung vorliegen? Politik auf Verdacht haben wir in den letzten Tagen erlebt, als es um die Diskussion des Überwachungsstaates gegangen ist. Aber Politik auf Verdacht auch in die Gesundheitspolitik eingeführt zu haben, ist eine makabre und erschütternde Diagnose für die Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Weiters ist es auch in höchstem Maße irritierend, wenn recht kläglich – und zu diesem Wort stehe ich auch – versucht wird, nachzuweisen, dass durch die Maßnahmen der Bundesregierung nicht, wie wir Grüne und auch die Sozialdemokraten behaupten, vorwiegend die PatientInnen zur Kasse gebeten würden, sondern Krankenkassen und Pharmaindustrie einen wesentlichen, ja einen überwiegenden Beitrag zur Sanierung des Gesundheitssystems beitragen sollen.

Das ist das Abstruseste, das ich je gehört habe. Das Einzige, das fix und verbindlich scheint, sind Selbstbehalte, und die treffen ausschließlich Patientinnen und Patienten, nicht Gesunde, nicht Fite, nicht jene in Sportklubs, sondern ausschließlich diejenigen, die krank sind, und vermehrt noch chronisch Kranke, Arme, Alte und psychisch Kranke.

Was ist mit den Kassen? – Es sollte den tragenden und verantwortlichen Personen bekannt sein, dass die Verwaltungskosten österreichischer Sozialversicherungsträger zu den niedrigsten im gesamten Europa gehören. Ich bin kein Pressesprecher der Sozialversicherung, aber Ehre, wem Ehre gebührt. Es sind die niedrigsten Verwaltungskosten, und eine Reduktion dieser Kosten würde zwangsläufig zu einer Reduktion der Serviceleistungen der Kassen führen. Auch das trifft – Sie dürfen drei Mal raten, vielleicht geht es mit einem Mal – die Kranken, die chronisch Kranken und Behinderten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und was die Arzneimittelpreise angeht: Ich bestreite nicht, dass hier gewisse Summen eingespart werden könnten, aber verantwortliche Personen sollten wissen, dass der medizinische Fortschritt, der höchste Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel, wie er in Österreich existiert, und die Verschreibepraxis, die teilweise ja auch auf Notwendigkeiten – das werden mir die anwesenden Ärzte hoffentlich auch unterschreiben – und nicht nur auf Jux, Tollerei und Unkenntnis beruht, zu eben diesen Preisen führt, also dass die Kostenentwicklung auf diese Dinge zurückzuführen ist. Internationale Statistiken weisen Österreich – sehr verblüffend, ich bin auch nicht Pressesprecher der Pharmakonzerne – als Billigpreisland bei den Arzneimitteln aus. Man höre und staune!

Das Irritierendste ist aber: Gestern bei der Getränkesteuer hätte vielleicht der Satz fallen können, man soll die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Aber ich als Grüner frage Sie aus dem schwarzen und blauen Lager schon noch eines: Gerade Sie, die sozusagen den Tanz um das goldene Kalb der Wirtschaft am besten beherrschen, wollen durch staatliche Eingriffe und durch planwirtschaftliche Elemente den freien Markt der Konzerne beeinflussen? Ja halten Sie uns für völlig bescheuert (Beifall bei den Grünen), wenn Sie uns versprechen, dass Preisreduktionen durch Blau-Schwarz von weltweiten Großindustrien erpresst, ernötigt, erfleht oder verhandelt werden könnten? Da ist nicht viel drinnen. Das bedeutet, zurück bleibt die Belastung, die ausschließlich auf Kosten der Kranken geht. Aus! Punkt! Basta! Amen! Es ist also kühn, Selbstbehalte mit diesen völlig ungelegten Eiern sozusagen egalisieren zu wollen. Das wird nicht klappen!

Weiters ist unbestritten, dass momentan Einsparpotentiale auf den verschiedensten Sektoren vorhanden sind, die ich Ihnen schon x-mal herunter- und vorgebetet habe. Ich halte es für unseriös, Betroffene zur Kasse zu bitten, bevor man vorhandene Sparmöglichkeiten nicht ausgelotet und nicht ausgeschöpft hat. In dieser Hinsicht sehe ich relativ wenig: Doppel-, Dreifachuntersuchungen, Balance stationär – ambulant, Qualitätssicherungsinstrumente, et cetera, et cetera. (Abg. Dr. Rasinger: Qualitätssicherung kostet aber!)

Qualitätssicherung – das steht alles im Programm. (Abg. Dr. Rasinger: Qualitätssicherung gibt es aber auch nicht umsonst!) Sicherlich, Qualitätssicherung gibt es nicht umsonst, aber eine richtige Diagnose und richtige Behandlung ist allemal günstiger und ökonomischer als eine fal


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