Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 164

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Herr Bundeskanzler! Ich frage Sie: Was werden Sie in Zukunft Handfestes – nicht nur Appelle! – tun, um das zu verhindern? Sie haben diesen Scherbenhaufen der letzten Monate zu 100 Prozent zu verantworten. Sie haben die Gefährdung für die nächsten 35 Jahre zu verantworten, wenn im Sommer die radioaktive Kontamination von 1 000 Megawatt nicht erprobtem Ost-West-Mix in Betrieb geht. Und Sie haben weiters zu verantworten, dass die österreichischen StromkundInnen in Zukunft keine Handhabe haben, in irgendeiner Form auf Atomstrom zu 100 Prozent verzichten zu können – außer, sie steigen zu 100 Prozent auf Ökostrom um.

Auch da ein gebrochenes Versprechen von Ihnen persönlich, Herr Bundeskanzler, und von dieser Bundesregierung. Sie haben in Ihrem Anti-Atomplan versprochen, dass dann, wenn jemand zu 100 Prozent keinen Atomstrom möchte, dieser die finanzielle Belastung nicht alleine tragen soll. – Auch das haben Sie, Herr Bundeskanzler, nicht erfüllt.

Selbst jene Handlungsmöglichkeiten, die man als Einzelner hat – die Sie im übrigen stärken wollten –, selbst diese kleinen Punkte haben Sie nicht erfüllt. Und ich kann das nicht anders bezeichnen als ein totales Desaster von 15 Jahren Anti-Atomarbeit in Österreich. Ich bin zutiefst betroffen und bedauere, dass in den letzten Monaten nirgendwo Platz war – weder im Umweltausschuss noch hier im Plenum –, ausführlich über diese Themen zu diskutieren. Wir haben das daher als dringliche Initiative eingebracht. Es gibt nichts anderes, was im Moment dringender und wichtiger ist.

Ich konstatiere noch einmal: Die Bilanz bis zum heutigen Tage ist verheerend: Mohovce, Bohunice, Krško – und jetzt auch das AKW Temelin!

Die Anti-Atompolitik Österreichs gibt es nicht mehr. Es gibt keine Anti-Atompolitik der Bundesregierung. Es handelte sich dabei lediglich um ein heuchlerisches Unterfangen, am besten dokumentiert durch diese gestrige kurze APA/OTS-Aussendung, in der es hieß, Sie würden die "Besorgnisse der Bevölkerung ernst nehmen". – Geschehen ist nichts!

Ich bin zutiefst betroffen, mit mir auch die ganze grüne Fraktion, und ich hoffe, dass unsere diesbezüglichen Anträge, die heute abgestimmt werden, bei denen es auch um handfeste ökonomische Interessen der Komplizen in Österreich und um handfeste ökonomische Fragen geht – etwa um die Frage, wie man damit umgeht, dass das AKW Temelin ausschließlich zum Zwecke des Stromexportes fertiggebaut wird, wobei bei uns alles getan wird, diesbezüglich die Türen in Österreich weit aufzumachen, eben für diesen Atomstrom –, in irgendeiner Form Gehör finden.

Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass Sie unseren Vorschlägen heute in irgendeiner Form Ihre Zustimmung geben, sonst kann ich meine Diagnose "Scherbenhaufen" keinesfalls revidieren.

Ich gehe davon aus, dass Sie als Bundeskanzler auch Ihre Eigentumsrechte an der Verbundgesellschaft so nützen, wie dies eine frühere Bundesregierung etwa im Falle des Kraftwerks Freudenau gemacht hat. Diese hatte überhaupt kein Problem damit, 16 Milliarden Schilling sozusagen in den Sand zu setzen. Es wird also doch wohl möglich sein – zumindest muss man politisch an Sie appellieren –, dass diese Gesellschaften Atomstrom nicht kaufen!

Noch einmal: Scherbenhaufen österreichische Anti-Atompolitik! Österreichische KundInnen werden dazu genötigt, Atomstrom zu verbrauchen, und sie haben keine Möglichkeit, zu gleichen Preisen umzusteigen. Keine Offensiven in den letzten Tagen und Monaten, keine Kontaktaufnahme mit irgendjemandem, der in Tschechien die Inbetriebnahme des AKW Temelin befürwortet! Keinerlei politisch handfeste ökonomische Alternative! – Ich bin enttäuscht, und mit mir ist es die grüne Fraktion. (Beifall bei den Grünen.)

15.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage gelangt der Herr Bundeskanzler zu Wort. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.


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