Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 180

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16.27

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Minister! Es ist richtig, Einstimmigkeit war in der Atompolitik nach zähem Ringen, nach vielen, meist mühsamen Verhandlungen häufig das Ergebnis. Nur verstehe ich nicht ganz, dass Sie heute auf der einen Seite wieder diesen Appell in Richtung Einstimmigkeit erheben, während Sie auf der anderen Seite nicht einmal Ihre eigenen Anträge ernst nehmen und auf die Tagesordnung des Umweltausschusses setzen – Anträge zu Temelin, die von Ihnen selbst verfasst worden sind, Anträge, die auch von den Grünen – zum Beispiel der Aktionsplan Temelin – verfasst worden sind!

Im Juni hätte eine Sitzung des Umweltausschusses stattfinden sollen – in der man sich genau dieser Thematik hätte annehmen können, auch mit dem Ziel, Einstimmigkeit zu erreichen –, aber der Termin wird immer verschoben. Und während er verschoben wird, wird in Temelin bereits das Kraftwerk mit den Brennstäben mehr oder weniger scharf gemacht. Entschuldigen Sie, dass wir da Ihr Bestreben nach Einstimmigkeit wirklich nur mehr als Pseudoaktion verstehen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe mir die Anträge von Herrn Kollegen Kopf und Herrn Kollegen Mag. Schweitzer extra herausgesucht: Entschließungsantrag betreffend Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren über ein Hilfsbetriebsgebäude des im Bau befindlichen Kernkraftwerkes Temelin in der tschechischen Republik. – Weg von der Tagesordnung, auf September verschoben. Ebenso der Empfang der tschechischen Delegation des Umweltausschusses: auf September verschoben. (Zwischenrufe des Abg. Mag. Schweitzer. )

Herr Kollege Schweitzer! Ich bin Ihnen ja dankbar, dass Sie den Prager Besuch erwähnt haben, dass Sie darauf zurückgekommen sind, aber wann war denn der Prager Besuch? – Vor einem Jahr! Vor einem Jahr sind wir dorthin gepilgert und haben dort relativ harte und klare Positionen vertreten. Damals waren Sie in der Opposition. Damals waren Sie Delegationsleiter. Damals haben wir mit den SPÖ- und den ÖVP-Mandataren hart um jedes Wort gerungen. Und dort gab es eine relativ klare, relativ harte Position der österreichischen Parlamentarier.

Ich maße mir an, Ihnen diese noch einmal vorzulesen, damit Sie sie in Erinnerung haben und für Ihre jetzige Regierungsarbeit wieder auf dieses Terrain zurückkommen. Was wurde denn dort von uns deklariert? Ich zitiere: Österreich möchte daher der tschechischen Republik jetzt schon klar darlegen, dass der Stand der Technik in Kraftwerksanlagen eine Voraussetzung für eine Mitgliedschaft zur Europäischen Union ist. – Zitatende. Das war der Stand vom 23. Juni 1999 in Prag.

Es wurde dort von uns ebenfalls sehr stark kommuniziert, dass Österreich sich in jedem Fall eine eigenständige Beurteilung der Sicherheit der Atomkraftwerke der Beitrittsländer vorbehält. Das haben wir damals festgehalten.

Und was ist jetzt? – Vergessen, verschoben, auf die Seite gedrängt! (Abg. Ellmauer: Nein, überhaupt nicht!) Es ist nicht mehr dieser Standard spürbar, der schon einmal erreicht worden ist. Erst im September sollen die tschechischen Kollegen wieder nach Wien gebeten werden. Erst im September wird weitergeredet, wo jetzt im Juli – vielleicht übermorgen – bereits die Brennstäbe eingeführt werden sollen. – Das merkt doch jedes Kind, das merkt doch jeder einfache Mensch, dass hier etwas nicht zusammenpasst!

Herr Kollege Ellmauer! Ich bin immer begeistert, wenn Sie hier heraußen in erster Linie als oberösterreichischer Abgeordneter und als überzeugter Atomgegner – als solchen empfinde ich persönlich Sie immer wieder – sprechen. Sie appellieren immer wieder an die Landtage, beziehungsweise Sie rufen uns immer wieder ins Gedächtnis, dass auf Landtagsebene die Einstimmigkeit gegeben ist, dass es geradezu einen Landeshauptleutebeschluss und einen Landtagsdelegationsbeschluss aller Bundesländer gibt. (Heiterkeit.) Nur: Was Sie nicht erwähnen, ist, dass ein großer Unterschied zwischen der ÖVP auf den Landesebenen und der ÖVP, die in der Regierung sitzt, besteht. In dieser Schere stehen Sie persönlich, und diese Schere blenden Sie aus! Die blenden Sie ständig aus! Hier heraußen reden Sie davon, dass die Landtage ein


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