Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 33. Sitzung / Seite 42

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nicht eine außerverfassungsmäßige militärische Staatspolizei, die im österreichischen Rechtsstaat schlicht und einfach keinen Platz hat! (Beifall bei den Grünen.)

Was wird geschützt? Jetzt komme ich zum Grundmissverständnis. (Abg. Kiss: Oder täusche ich mich, Kollege Pilz? Beim SPG stimmen Sie zu, zumindest nach Ihrer Argumentation! Das wäre nämlich konsequent!) In unserer politischen Kultur fällt mir seit vielen Jahren auf, dass die meisten von Ihnen sich nie wirklich überlegt haben, was Verfassung eigentlich bedeutet. (Abg. Dr. Fekter: Seien wir froh, dass wir Sie haben!) In einer innenpolitischen Krise, die es zum Glück in Österreich noch nie gegeben hat, nämlich während der Entführung des deutschen Arbeitgeberpräsidenten Schleyer durch die RAF-Terroristen, ist der deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt vor die Presse getreten und hat erklärt: Es gibt ein großes Missverständnis: Aufgabe der Regierung ist es nicht, den Staat zu schützen, sondern ausschließlich die Verfassung zu schützen. Es ist Aufgabe einer Regierung, die Rechte, die eine Verfassung bietet und begründet, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu schützen, auch gegenüber dem Staat.

Ich habe immer geglaubt, dass eine Freiheitliche Partei und eine Österreichische Volkspartei als so genannte bürgerliche Parteien dafür besonders sensibel sind: die Rechte des einzelnen Menschen gegenüber der Übermacht des Staates zu schützen. Aber genau das Gegenteil erfahren wir jetzt: Nicht der Mensch wird geschützt, nicht das Individuum wird geschützt, sondern der Staat wird geschützt!

Gefahren werden erfunden, um einen Staatsschutz begründen zu können, der sich überhaupt nicht mehr um die Rechte des Einzelnen kümmert, sondern schlicht und einfach nur die Aufgabe hat, jede Opposition zu überwachen und ihre Erstickung vorzubereiten. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Diese Gesetze sind verfassungswidrig! Sie sind klipp und klar verfassungswidrig, und Sie wissen das! Deswegen werden wir das – es ist bedauerlich, dass das im österreichischen Nationalrat notwendig ist – nicht als letzten Schritt hinnehmen können. Der nächste Schritt bringt uns zum Verfassungsgerichtshof. (Abg. Kiss: Jedes Mal dasselbe!) Gemeinsam mit der sozialdemokratischen Fraktion werden wir gegen das Militärbefugnisgesetz eine Verfassungsbeschwerde einbringen, und ich bin mir dessen sicher, dass wir im Verfassungsgerichtshof auf wesentlich mehr Verständnis für die Grundzüge der österreichischen Bundesverfassung stoßen werden als bei der Mehrheit dieses Hauses. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiss: Um was wetten wir, Kollege Pilz, dass Sie falsch liegen?)

Das Militärbefugnisgesetz und die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz sind Kerngesetze der Dritten Republik, sind Kerngesetze einer neuen autoritären Verfasstheit dieser Republik.

Wir haben derzeit in diesem Hause keine Mehrheit, um diesen Prozess parlamentarisch zu stoppen. Glauben Sie uns, dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen werden, um die österreichische Bundesverfassung auch vor Abgeordneten wie Ihnen in den notwendigen Schutz zu nehmen! – Ich danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegen mir zwei Verlangen auf tatsächliche Berichtigungen vor, zunächst Herr Abgeordneter Dr. Einem und dann Herr Abgeordneter Wolfgang Jung. Bitte um den zu berichtigenden und den tatsächlichen Sachverhalt. – Bitte, Herr Abgeordneter Einem.

10.42

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat am Schluss ihrer Rede zu uns hin gewandt behauptet, wir lehnten den heutigen Gesetzentwurf nur deshalb ab, weil er von der "rot-blauen Regierung" beschlossen worden ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: "Initiiert" habe ich gesagt!)

Das, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, ist nicht nur ein Irrtum, sondern auch falsch. Wir lehnen das deshalb ab, weil wir für einen klaren, eindeutigen Bürgerschutz eintreten, weil wir auf der


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