Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 53

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junktimieren, weder die Opfer auf der einen Seite noch die Maßnahmen – keine technischen, sondern sehr konkrete, praktische und materielle Maßnahmen – auf der anderen Seite. Ich würde Sie wirklich bitten: Vermischen Sie nicht alles mit allem!

Die innenpolitische Diskussion soll und kann geführt werden, aber vermischen Sie jetzt nicht innenpolitische Äußerungen auf der einen Seite mit der Frage der Volksbefragung auf der anderen Seite und mit der Hilfe für die Opfer auf der dritten Seite. Wahren wir die Würde dieser Debatte! (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Die Bekleidung ist schon verräterisch! – Abg. Dr. Petrovic: Ich hoffe, die Stenographen haben das aufgeschrieben!)

11.48

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht ist es nur meine persönliche Meinung, dass man es nicht bei diesem Schlusswort belassen kann. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Dieser Appell des Bundeskanzlers: Vermischen Sie das nicht! ist an diesem Tag gerade die falsche Botschaft. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Was soll das heißen – vermischen Sie das nicht! –, wenn diejenigen, die diesen Akt heute für einen Schlussstrich halten wollen, sich gleichzeitig das Recht nehmen, so zu reden zu beginnen, wie diejenigen, die diese Geschichte verursacht und geprägt haben und sich im Nachhinein über diesen Schlussstrich freuen würden? (Abg. Ing. Westenthaler: Was war das jetzt?) Einen Schlussstrich, meine Damen und Herren – das hat Karl Öllinger schon gesagt –, wird es in dieser Form nicht geben (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind das Letzte vom Untersten! Die U-Bahn ist weit über Ihnen!), sondern es wird – und das ist kein Privileg der Opposition – eine Aufgabe der österreichischen Gesellschaft geben, weiterhin eine aktive Auseinandersetzung, nicht nur mit der eigenen Vergangenheit, zu führen.

Aber dieses Ankündigen eines Schlussstriches und gleichzeitige Erklärungen über Ehre, Treue und vieles andere, das, meine Damen und Herren, wird nicht nur von der Opposition auch in Zukunft in einem Zusammenhang gesehen werden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Wenn es einen Schlussstrich gibt, der in Österreich gezogen werden soll, dann ist es der Schlussstrich unter Haltungen, Sympathien, Zweideutigkeiten, Unklarheiten und Unfähigkeiten, mit der eigenen Geschichte und mit Teilen der eigenen politischen Bewegung adäquat umzugehen.

Meine Damen und Herren! Die Frage des Schlussstriches ist keine Frage der österreichischen Gesellschaft, weil sie diesen Schlussstrich zu Recht nicht ziehen wird, da die Opfer des Nationalsozialismus alles andere erwarten, als mit einem Schlussstrich historisch beendet zu werden. Der einzige Schlussstrich, der ausständig ist, ist, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, ein Schlussstrich bezüglich des Kerns vieler Ihrer Überzeugungen, ein Schlussstrich unter Sympathien, unter Zweideutigkeiten, unter das Spiel mit Ressentiments von Nationalismus, von Fremdenfeindlichkeit und von Minderheitenfeindlichkeit. Das ist der einzige Schlussstrich, den wir hier erwarten.

Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel! Solange Sie diesen Schlussstrich von Ihrem Koalitionspartner nicht verlangen, werden wir als Opposition uns nach wie vor erlauben, das, was zusammengehört, auch gehörig zu vermischen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 255 der Beilagen.


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