Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 75

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es im Februar dieses Jahres erneut versucht haben und dass sich die Kollegen Khol und Westenthaler damals in der Präsidiale dagegen ausgesprochen haben, dass wir dieses Thema noch rechtzeitig vor wirklich wichtigen Entscheidungen in Tschechien im Nationalrat behandeln.

Ich habe es damals unglaublich enttäuschend gefunden, dass man Entschließungsanträge betreffend Temelin auf die lange Bank schiebt, dass Temelin nicht vor der Sommerpause behandelt worden ist, ja dass sogar der eigene Regierungsantrag, die eigenen Vorschläge dazu nicht behandelt worden sind. Jetzt, zehn Tage vor Inbetriebnahme, also sehr spät, wahrscheinlich zu spät, ist endlich der Weckruf der Umweltbewegung, jener 3 000 Menschen, die am Samstag auf der Straße waren, in Ansätzen einmal gehört worden. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt zu diesem heutigen Temelin-Paket noch einiges anzumerken. Erstens ist es spät, sehr, sehr spät. Es ist gut, dass die Regierung jetzt in dieser Form aufgewacht ist, dass die Regierungsfraktionen auch die Wichtigkeit erkannt haben und dass sich erstmals auch die Klubobleute Khol und Westenthaler zu diesem Thema geäußert haben. Und es ist gut, dass es diesen Antrag heute gibt. Aber hätte es die Grünen nicht gegeben und hätte es die grüne Handschrift in diesem Antrag nicht gegeben, dann wäre der Regierungsantrag ein Freibrief für die Inbetriebnahme geworden. (Abg. Dr. Martin Graf: So ein Blödsinn! – Abg. Ing. Westenthaler: Ihre Intelligenz verbietet so etwas! Sie wissen ganz genau, dass es nicht so ist!) Viel zu schwach und in keiner Weise ausreichend, um in irgendeiner Form noch ein starkes Signal in Richtung Tschechien zu setzen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Westenthaler! Ich weiß in diesen Belangen sehr, sehr gut Bescheid. Es ist für mich immer noch enttäuschend, dass Sie das damals in der Präsidiale im März persönlich abgelehnt haben. Mit dieser Verantwortung müssen Sie selbst fertig werden. Wenn nämlich Temelin trotz allem in Betrieb geht, dann trägt auch die Bundesregierung und dann tragen auch diese Regierungsparteien ein Stückchen mit an Verantwortung dafür, weil dieser Antrag viel zu spät gekommen ist. (Abg. Dr. Martin Graf: Schauen Sie einmal, was der Joschka Fischer macht! Das ist auch ein Grüner!)

Es ist aus meiner Sicht auch sehr bedauerlich, dass – unter Anführungszeichen – "die Hausaufgaben", so haben wir es immer genannt, in diesem Zusammenhang nicht gemacht wurden, die Verantwortung Österreichs nicht berücksichtigt wurde.

Der Bundeskanzler hat auch angesprochen, Temelin wird für den Export gebaut, auch für den Export nach Österreich. Ich habe es immer entsetzlich gefunden, in Tschechien vor Ort erfahren zu müssen, dass es österreichische Stromversorger gibt, die keine Scheu haben, über Generalexporteure der tschechischen Energieversorgungsgesellschaft CEZ Temelin-Strom auch in Zukunft nach Österreich zu transferieren. Und ich finde es nach wie vor hochnotpeinlich für uns, dass es österreichische Firmen gibt, die dort vor Ort beteiligt sind, dass es österreichische Versicherungen gibt, die Temelin-Unfälle versichert haben, dass Österreicherinnen und Österreicher in einer Versicherungsgemeinschaft mit einem Atomkraftwerk sind.

Deswegen waren unsere Vorschläge, die leider in diesem Antrag keine Aufnahme mehr gefunden haben, das Vergaberecht dahin gehend zu überprüfen, ob man gegen solche Komplizen in Österreich vorgehen kann, und die bestehenden Stromlieferverträge unverzüglich kündigt. Es ist wirklich hochnotpeinlich, dass es von österreichischen Energieversorgern, die zu 100 Prozent im Eigentum von Bundesländern stehen, Verträge mit einer Firma, mit einem Stromunternehmen gibt, das Temelin fertigbaut. (Beifall bei den Grünen.) Sie tragen, falls es in Betrieb geht, ein gehöriges Stück Verantwortung, weil das heute sehr, sehr spät, unter Umständen viel zu spät kommt.

Unser Vorschlag, die Lebensinteressen mit dem aufzuwiegen, was sie wirklich wert sind, nämlich mit einer ökonomischen Abgeltung, mit einem Ausstiegsszenario, hat bei Ihnen keine Zustimmung gefunden. Sie brauchen mir nicht zu erklären, dass es natürlich viel vernünftiger wäre, in Energiesparmaßnahmen zu investieren. Das weiß ich schon, wir haben das ja immer wieder thematisiert. Es ist in dieser Situation ein absolut wichtiges Zeichen notwendig, um die verfahrenen Fronten, um die extrem verhärteten Konfliktlinien in irgendeiner Weise wieder in Bewe


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