Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 88

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der sich jetzt verabschiedet! Geschätzter Herr Bundesminister! Vor – ich weiß es jetzt gar nicht genau – ungefähr vier Monaten, als Sie Ihr Amt übernommen haben – sechs sind es schon; jetzt habe ich die Sommerferien nicht dazugerechnet –, waren Sie schon einmal – wie das in der technischen Sprache des Parlaments heißt – Gegenstand einer Debatte hier im Hohen Haus.

Damals waren Sie Gegenstand einer Debatte, weil die grüne Fraktion Ihnen unmittelbar nach Ihrem Amtsantritt das Misstrauen ausgesprochen hat. Sie erinnern sich, und auch die Kolleginnen und Kollegen erinnern sich ganz sicher daran. Wir haben Ihnen damals das Misstrauen ausgesprochen, weil wir Ihre Verfassungsauffassung für eine äußerst gefährliche hielten – damals hielten und immer noch halten, Herr Bundesminister!

Sie haben damals unmittelbar oder sehr kurz nach Ihrem Amtsantritt Ihr wahres Gesicht gezeigt, nachdem Sie allerdings ganz zu Beginn Aussagen justizpolitischer Natur gemacht hatten, die durchaus auch in der grünen Fraktion hohe Sympathie gefunden haben. Das Fachwissen, die Sachkenntnis, die Erfahrung auf diesem Gebiet wird Ihnen niemand absprechen, Herr Bundesminister. Jemand, der über Jahrzehnte als Anwalt tätig ist, hat Erfahrungen gesammelt, die ihm durchaus – und diese Meinung vertrete ich weiterhin – die Qualifikation zusprechen lassen, die ein Bundesminister für Justiz berechtigterweise haben sollte und die auch verlangt wird.

Dass Sie aber damals, sehr geehrter Herr Bundesminister – Sie haben es halbherzig und auch, mit vielen Worten erklärend, zum Teil zu korrigieren versucht, aber nie wirklich zurückgenommen –, diesen – und ich bleibe dabei – gravierenden Anschlag auf die Demokratie durch die schwarz-blaue Regierung, vorgegeben vom damals noch nicht, aber inzwischen einfachen Parteimitglied und nicht der Regierung angehörenden Landeshauptmann von Kärnten, mitgetragen, unterstützt und nie wirklich zurückgenommen haben, das möchte ich hier noch einmal erwähnen, damit diese Genesis der Ära Böhmdorfer – sechs Monate, Herr Bundesminister! – hier dem Hohen Haus wieder ein bisschen präsent wird. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was inzwischen passiert ist, möchte ich nicht alles wiederholen, weil es in der Öffentlichkeit schon zur Genüge getan wurde, beispielsweise die Tatsache, dass immer noch der ausdrückliche Hinweis, dass Herr Rechtsanwalt Dr. Böhmdorfer heute Justizminister dieser Republik ist, auf dem Briefpapier der Kanzlei steht, auf dem dann Klagen gegen – jetzt sage ich es einmal ganz pauschal – regierungskritische Stimmen und Menschen in diesem Land eingebracht werden.

Herr Bundesminister! Würde mein Name dort stehen, wäre mir das peinlich. Mir wäre es peinlich, weil es um den Ruf der Unabhängigkeit geht – jetzt nicht um Ihren individuellen und persönlichen, sondern den Ruf der Unabhängigkeit der Justiz insgesamt. (Beifall bei den Grünen und der Abg. Mag. Kubitschek. ) Das ist jetzt – hier spreche ich nicht als eine in einem justiziellen Beruf Stehende, sondern als Bürgerin und auch als Abgeordnete – nicht ein Gefühl, und das ist nicht emotional bedingt, Herr Bundesminister, sondern das ist eine Wertung, die ich als Politikerin und als Bürgerin vornehme.

Aber da bin ich in bester Gesellschaft in der Sorge um bestimmte Verhaltensweisen, die Sie in den letzten sechs Monaten an den Tag gelegt haben und die diese Sorgen begründen. Die Präsidentin der Österreichischen Richtervereinigung, wahrlich eine Person – in diesem Fall eine Frau –, die in ihrer Tätigkeit das Hauptaugenmerk auf die Unabhängigkeit, die Unparteilichkeit, die Unbestechlichkeit und die Unabhängigkeit in jeder Beziehung in der Berufsgruppe, die sie vertritt, legt, äußert auch diese Sorge. Sie hat es lange nicht so drastisch gemacht, wie es vielleicht die Art einer oppositionellen Abgeordneten ist, aber mit Worten, die für mich wirklich erschreckend sind. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie muss unabhängig in der Rechtsprechung sein!) Sie hat schlicht und einfach gesagt: Es ist die Sorge um das Image der Justiz, die sie in die Öffentlichkeit treibt und führt, und dieser Sorge hat sie in Worten Ausdruck verliehen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber ihre persönlichen Urteile müssen nicht objektiv sein!)

Herr Bundesminister! Das ist etwas – und jetzt beschränke ich mich auf den Beobachtungszeitraum, der da relevant ist, nämlich, sagen wir, auf die letzten 15 Jahre –, das ist eine Sorge, die erstmals wieder – Gott sei Dank, muss man sagen – in der Öffentlichkeit geäußert wurde,


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