Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist in den vergangenen Tagen immer wieder im Mittelpunkt von Diskussionen gestanden. Ich unterstreiche dieses Recht 100-prozentig wir alle, die gesamte Bundesregierung, tun dies (Zwischenruf des Abg. Schwemlein ) , ich hielte es aber für sehr angebracht, dass all jene, die für sich das Recht auf freie Meinungsäußerung selbstverständlich beanspruchen, mit derselben Vehemenz auch für das Recht auf freie demokratische Meinungsäußerung in Form von Wahlen eintreten, und zwar auch dann, wenn das Ergebnis der Wahl nicht so ist, wie man es sich gewünscht hatte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Meine Damen und Herren von der Opposition! Respekt vor der Entscheidung des Wählers ist auch ein europäischer Wert, den es zu verteidigen gilt. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Ich sage das vor allem an die Adresse all jener, die glaubten, eine ihnen nicht genehme Regierungsbildung durch Druck aus dem Ausland verhindern oder rückgängig machen zu können, genauso aber auch an die Adresse von Regierungschefs, die glaubten, freie Wahlen nicht respektieren zu müssen.
Auch wenn sich letztlich die Vernunft durchgesetzt hat und gemäß den Empfehlungen der drei Weisen die Aufhebung der EU-Unrechtssanktionen gegen Österreich erfolgt ist, erfordern die Entwicklungen der letzten Monate eine eingehende Analyse und daraus abzuleitende Schlussfolgerungen.
"Österreich, der ,Musterschüler der Europäischen Union", so schreibt Karl-Peter Schwarz in der "Presse", "hat in den vergangenen Monaten schmerzhaft erfahren müssen, daß auch die EU nicht das Paradies auf Erden ist, daß selbst von einer Staatengemeinschaft, die sich als demokratisch und liberal versteht, Gefahren ausgehen können, gegen die man sich schützen muß." Zitatende.
Eine der Gefahren, gegen die man sich in Europa schützen muss, ist die Bestrebung, ein Europa zweier Klassen zu schaffen: eine Avantgarde einiger weniger großer Staaten, ein Direktorium eines Kerneuropas, das Richtung und Tempo bestimmen will.
Wachsamkeit gegenüber zentralistischen Tendenzen der EU als Rückständigkeit zu bespötteln oder als Chauvinismus zu diffamieren, ist grobe Fahrlässigkeit, das haben die Ereignisse der letzten Monate deutlich gemacht.
Österreich wird so wie andere kleine Staaten der Europäischen Union in Hinkunft eine viel aktivere Rolle bei der Gestaltung der EU spielen müssen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, dass existentielle Lebensinteressen unseres Landes unter die Räder kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Die Wahrung der Einstimmigkeit in für Österreich zentralen Fragen, wie zum Beispiel betreffend Wasserressourcen, Raumordnung, Bodennutzung oder Wahl der Energieträger, ist einer dieser Punkte. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Darüber hinaus werden wir lernen müssen, Diskussionen über Chancen und Risiken von Integrations- und Erweiterungsschritten offen zu führen (Abg. Schieder: ... verschleudert unseren Wald selber!), Herr Kollege Schieder, ohne sachliche Argumente mit dem "Killerargument" der Europafeindlichkeit abzutun. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Vor allem aber muss uns bewusst sein, dass es eine tiefe Vertrauenskrise zwischen der Union und ihren Bürgern gibt. Die Sanktionen gegen Österreich haben diese Kluft noch viel tiefer gemacht.
Die österreichische Bundesregierung hat in den letzten Wochen und Monaten nicht nur große Unterstützung seitens der österreichischen Bevölkerung erfahren, die in vielen persönlichen Begegnungen und unzähligen Briefen zum Ausdruck gekommen ist dafür bedanken wir uns aufrichtig und von ganzem Herzen (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP) , sondern Österreich hat darüber hinaus enormen Zuspruch von Menschen aus ganz Europa erfahren, die