Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 118

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Die Bildungspolitik der Marke SPÖ der letzten 30 Jahre ist auf dem Tisch, und ich bin auch dankbar, dass die ehemalige Bundesministerin für Wissenschaft Firnberg diesbezüglich angesprochen wurde. Was ist denn die Ausgangslage gewesen? – Ich habe das hier in diesem Haus schon öfters gesagt. Damals herrschte eine ideologisch motivierte Situation vor, und der Herr Kollege Niederwieser, der als Wissenschaftssprecher heute nicht spricht, weil er offensichtlich anderer Meinung ist als die SPÖ, wird mir Recht geben. Damals hat man versucht, den 5-prozentigen Anteil der Kinder von Arbeitern an den Universitäten anzuheben. Das ist offensichtlich gescheitert. Es gibt nach wie vor – das hat der Bericht der sozialen Lage voriges Jahr ergeben – lediglich 6 Prozent von Arbeiterkindern an den Universitäten, und das war auch die sozialistische Politik.

Zur sozialen Lage der Studenten. Nicht Arbeiterkinder studieren heute, so wie geplant, sondern Studenten müssen arbeiten gehen, um studieren zu können, und arbeitslose Akademiker wurden produziert, am Markt wurde vorbeiproduziert. (Zwischenrufe der Abg. Dr. Lichtenberger. ) In den sozialpädagogischen, Grund- und Integrativwissenschaften oder anderen Berufen wurden sehr viele Studenten gezählt, während die Republik Österreich zum derzeitigen Zeitpunkt Techniker braucht, in den new economies ausgebildete Leute. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das wurde in Wirklichkeit verabsäumt.

Wenn die Bildungspolitik der SPÖ – und viele Abgeordnete der Grünen kommen ja aus der SPÖ – am Prüfstand steht, dann darf man nicht vergessen, dass die Akademie der Wissenschaften vor nicht allzu langer Zeit ein Alarmsignal losgelassen hat, und zwar im Jahre 1998/99, als sie festgestellt hat, dass in Österreich 300 000 erwachsene Menschen weder lesen noch schreiben können, dass 300 000 Österreicher nicht einmal imstande sind, Nachrichtensendungen im Rundfunk zu verstehen oder eine Stellenanzeige zu lesen. 300 000 Analphabeten – erwachsene Menschen! – gibt es in Österreich unter der sozialistischen Bildungspolitik der letzten 30 Jahre. – Ein Armutszeugnis für diese Bildungspolitik! Das hat sicher nichts damit zu tun, dass es keine Studiengebühren gegeben hat, sondern das war im Wesentlichen eine verfehlte Bildungspolitik, und das muss man auch einmal zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

An dieser Stelle möchte ich einmal die Ehrlichkeit in der Politik ansprechen. Namhafte Vertreter wurden zitiert, die sich für Studiengebühren ausgesprochen haben – auch innerhalb der SPÖ, namentlich auch der ehemalige Wissenschaftsminister und heutige Abgeordnete Einem, der auch den Studiengebühren das Wort geredet hat, der dann allerdings ein Tabu verordnet hat.

Das Schlimmste, was man in einer entwickelten Gesellschaft machen kann, ist, Sprechverbote beziehungsweise Denkverbote zu verhängen, doch hier gab es ein offizielles Sprech- und Denkverbot. Aber wir kennen alle die unzähligen Interventionen von Hochschulprofessoren, von Mittelbauprofessoren, von Eltern, von Leuten aus der Bevölkerung, von Politikern, die hinter vorgehaltener Hand immer gefordert haben: Studiengebühren sind das Steuerungsinstrument, das auch eingesetzt werden soll. – Sozial verträglich. (Abg. Dr. Lichtenberger: Was steuern Sie dann?)

Ich habe – und das ist der Punkt zur Ehrlichkeit – bereits im Jahre 1999, und zwar am 24. August 1999, in der "Presse", also noch vor den Wahlen – nicht nach den Wahlen und auch nicht im Zuge der Koalitionsverhandlungen! –, den Standpunkt vertreten – und ich zitiere wörtlich aus der "Presse" –:

"Der freiheitliche Wissenschaftssprecher kann sich Studiengebühren unter gewissen Rahmenbedingungen vorstellen. Studenten, die die geforderten Leistungen termingerecht erbringen, sollten unabhängig vom Einkommen der Eltern wirklich gefördert werden. Wer das Studienziel in einer angemessenen Zeit erreicht, sollte nichts zahlen. Jene Studenten, die aber die Semester ohne Prüfung verstreichen lassen, sollten kräftig zur Kasse gebeten werden." (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das war freiheitliche Politik schon vor den Wahlen, und es war daher auch kein Geheimnis! (Abg. Öllinger: Das ist aber etwas anderes! – Abg. Ing. Westenthaler: Nein, nein! Das ist


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