Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 123

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hat bisher reagiert, also ist für uns klar: Sie setzen Ihre Politik fort, dass Bildung immer mehr von Schülerinnen und Schülern, deren Eltern und von den Studierenden selbst zu bezahlen ist.

Ist das Ihre soziale Treffsicherheit? – Sie bezeichnen es so. Wir sagen, dass es ganz bestimmt nicht so ist.

All diese und weitere geplante Einsparungen im Bildungsbereich führen geradewegs neuerlich zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft, und das leider auch an den Schulen Österreichs. Unter dieser Regierung geht es in Richtung einer Gesellschaft, in der sich der finanziell abgesicherte Teil der Bevölkerung Bildung wird leisten können, der restliche Teil der Bevölkerung aber nicht, denn wenn für solide Bildung gezahlt werden muss, werden einkommensschwächere Schichten sich das eben nur schwer leisten können.

Hohes Haus! Das ist der Beginn eines unheilvollen Weges in eine Bildungssackgasse. Der kostenlose Zugang zur Bildung, einschließlich der Universitäten, einschließlich der Gratisschulbücher gehört unseres Erachtens zu den wichtigsten familien- und bildungspolitischen Errungenschaften und Maßnahmen, die seinerzeit von der SPÖ-Regierung eingeführt wurden. Das waren entscheidende Beiträge zur Chancengerechtigkeit im Bildungswesen.

Heute drohen Verschlechterungen! Mehr Schülerinnen und Schüler werden in Hinkunft gezwungen sein, berufstätig zu werden, weil ihre Eltern die weitere Ausbildung kaum finanzieren können werden. Sämtliche bildungspolitischen Errungenschaften werden damit in Frage gestellt.

Schon jetzt, Hohes Haus, sind die unüberlegten und phantasielosen Maßnahmen an allen Schulen Österreichs zu spüren: weniger Förderunterricht, Entfall unverbindlicher Übungen an einer Reihe von Schulen, Schulversuche sind gefährdet, weil das Personal nicht mehr bezahlt werden kann, Kleinschulen in besonders strukturschwachen und ländlichen Regionen stehen vor ihrer Schließung, die Integration von Behinderten, von Ausländerkindern könnte auf der Strecke bleiben.

Noch schlimmer, meine Damen und Herren, ist die Situation – auch zu Beginn dieses Schuljahres – im berufsbildenden Schulwesen und im Bereich der AHS: Jahrgangsklassen mit weit überhöhten Schülerzahlen, Tausende Schülerinnen und Schüler sind auf der Suche nach Schulplätzen. Die Eltern klopfen da an, klopfen dort an. Manche Schüler finden noch einen Platz. Die Mehrzahl wird abgewiesen. Ich frage mich: Was hat unsere Berufsorientierung, was hat unsere Bildungslaufbahnberatung für einen Sinn, wenn der Schüler letztlich irgendwo unterkommt, oft in einer Schule, für die er gar nicht geeignet ist? Genau diese Situation führt in der Folge zu den enorm hohen Drop-out-Raten.

Auf der anderen Seite haben wir Tausende Junglehrer, die Arbeit suchen, haben wir eine Reihe von Lehrern mit Sonderverträgen, die Gefahr laufen, dass ihre Verträge nicht verlängert werden.

Hohes Haus! All das führt zu einem massiven Qualitätsverlust an unseren Schulen. Lassen Sie es mich an einem ganz kleinen Beispiel demonstrieren. Auf diesem Taferl (der Abgeordnete hält eine Tafel in die Höhe)  – ich habe mir erlaubt, auch einmal eines zu machen – können Sie sehen, dass in der Phase, als sozialdemokratische Bildungsminister die Verantwortung in unserem Bildungswesen hatten, die Anzahl jener Jugendlichen, die nach der Pflichtschule eine weiterführende Schule besucht haben, von 80 auf 99 Prozent gestiegen ist. Also nur ein Prozent ist im Jahr 1993 – in der Schulstatistik des Unterrichtsressorts nachzulesen – nach der Pflichtschule in keine weiterführende Schule gegangen. Seit dem Jahre 1994 geht diese Kurve herunter. Wir sind wieder knapp bei 10 Prozent. Die strichlierte Linie soll die von mir genannte Sackgasse verdeutlichen. Seit 1994 sind ÖVP-Minister für Bildung verantwortlich.

Meine Damen und Herren! Bildung darf in der Entwicklung nicht nach rückwärts gerichtet sein. Jahrelange Diskussionen und Planungen von Bildungsexperten werden beiseite gewischt, sinnvolle Vorschläge werden einfach ignoriert, die Bedürfnisse der Betroffenen werden übergangen.


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