Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 38

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10.42

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Mag. Haupt, ich nehme Ihnen ab, weil ich weiß, dass Sie selber betroffen sind, dass Sie sich für die Anliegen behinderter Menschen einsetzen und es natürlich als Skandal empfinden, was sich in den letzten Jahren speziell in der Behindertenpolitik abgespielt hat.

Aber, Herr Magister, das Problem ist, dass die Brutalität, die uns schon die letzte Bundesregierung Jahr für Jahr übergestülpt hat, weitergeht. Das ist das Traurige, wenn man sich anschaut, was jetzt im Rahmen der sozialen Treffsicherheit geplant ist, dass man nämlich mehr oder weniger den behinderten Menschen, die eine Unfallpension bekommen, das Geld wegnimmt und dafür großartig sagt, die Hälfte schiebt sich quasi der Staat ein und für die zweite Hälfte gibt es eine Behinderten-Milliarde. Wobei Sie genau wissen, dass diese Mittel nicht für Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt bestimmt sind, sondern ausschließlich für solche in geschützten Werkstätten. Das heißt nichts anderes, als dass Sie sich 1 Milliarde Schilling auf die Seite legen, um hoffentlich genug behinderte Menschen zu finden, die sich in prekären Dienstverhältnissen in geschützten Institutionen auf dem zweiten Arbeitsmarkt wiederfinden. – Ich hoffe, dass diese Rechnung nicht aufgehen wird.

Wenn Sie es ehrlich gemeint hätten, dann hätten Sie diese Milliarde locker hereinbekommen können, wenn Sie nur bereit dazu wären, die Ausgleichstaxe ein wenig anzuheben. Ich nenne Ihnen jetzt nur ein Beispiel – Stand 1. April 2000, das erfolgte bereits unter der neuen Bundesregierung –: Allein im Ministerium für Landesverteidigung, im Ministerium für Unterricht, Wissenschaft und Kultur sowie im Ministerium für Inneres zahlt man insgesamt pro Jahr 120 Millionen Schilling dafür, dass man sich von behinderten Menschen freikauft, praktisch mit ihnen nichts zu tun haben muss.

Wenn Sie mir jetzt erklären wollen, dass das nichts bringt, sage ich Ihnen Folgendes: Wenn dieser Betrag für alle angehoben würde, hätten Sie das Geld locker in der Kasse, und dann könnten Sie Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt schaffen. Dann wäre es für ein Unternehmen nämlich nicht mehr – so wie es jetzt ist – uninteressant, ob es eine behinderte Person anstellt oder nicht. Mit nur 20 000 S Ausgleichstaxe pro nicht besetztem Arbeitsplatz und Monat hätten Sie – hören Sie mir jetzt gut zu! – 6 Milliarden Schilling an Einnahmen, die Sie tatsächlich in Arbeitsplätze für behinderte Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt investieren könnten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gaál. )

Ich habe versucht, Ihnen das deshalb so genau vorzurechnen, weil Sie uns immer den Vorwurf machen: Ihr schimpft über alles. Macht Vorschläge, macht konstruktive Vorschläge! – Das war einer davon, und ich hoffe, er wird von Ihnen aufgegriffen.

Der andere Bereich, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Herr Haupt auch schon angesprochen hat, ist die Pflegegeldvalorisierung. Ja, Herr Haupt, mit Recht haben Sie kritisiert, dass es seit Jahren keine Valorisierung des Pflegegeldes mehr gegeben hat. Und Sie haben es auch in Ihrem Regierungsübereinkommen festgehalten, dass es heuer, wenn schon nicht eine Valorisierung, dann zumindest eine Einmalzahlung im Pflegegeldbereich zur Abdeckung der Nichtvalorisierung geben soll.

Frau Ministerin Sickl! Wir haben bereits Ende September. Auf den Konten der PflegegeldbezieherInnen findet sich diese Einmalzahlung bis heute nicht. Wo ist sie denn? – Ich sage Ihnen, wo sie ist: Sie wird nicht ausbezahlt, und deshalb ist Ihre Politik, wenn es um die Valorisierung des Pflegegeldes geht, mindestens so schändlich, wie es jene der alten Bundesregierung war. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Jetzt gebe ich Ihnen noch ein Rechenmodell, sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung! Sie sind es, die immer wieder in der Öffentlichkeit mit Zahlen herumspielen, die Ängste und Misstrauen der behinderten Menschen – zu Recht! – gegen diese Bundesregierung auslösen. Sie sprechen davon, die Pflegevorsorge koste 18 Milliarden Schilling, und das könne sich kein Mensch mehr leisten. Diese Aussage ist entweder von Ihnen erlogen, ...


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