Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 79

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Eine Gruppe dieser sozial Schwächeren, Frau Ministerin, sind so genannte behinderte Menschen, die, die von der Norm abweichen, die, die vermeintlich nicht dem Durchschnitt entsprechen. (Bundesministerin Dr. Sickl: Und was haben die anderen gesagt?)  – Ich gehe nur darauf ein.

Die SPÖ hat das früh erkannt und hat 30 Jahre für diese Menschen Politik gemacht. (Abg. Böhacker: Warum sind Sie dann so arm?) Ich habe mir nur Stichworte, einige Highlights aufgeschrieben: Behinderteneinstellungsgesetz – das gab es schon sehr, sehr früh in dieser Republik –, ein Behindertenbeirat wurde eingerichtet – ein wesentlicher sozialpolitischer und gesellschaftspolitischer Schritt! –, das Pflegegeld wurde eingeführt, die Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen in der Schule wurde verankert, weiters wurde ein Diskriminierungsverbot von Behinderten in der Verfassung festgelegt. Das waren Meilensteine in der SPÖ-Politik. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Fallent: 1 700 Milliarden Schilling Schulden!)

Es wurden damit, Herr Kollege, auch Werte geschaffen: ideelle, materielle und moralische Werte – und die sind unbezahlbar. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Geldvernichtung! Unbezahlbar! Da haben Sie Recht!)  – Mein Sohn beginnt gerade zu studieren, und der wird Sie befragen zu dieser Politik.

Jetzt ist es kalt geworden in dieser Politik. Ihr Noch-Zauberwort "Sparen" fegt alle Bedenken hinweg, und Sie verschleiern das hinter dem Wort "soziale Treffsicherheit". Aber wehe denen, die von Ihnen getroffen werden! Gerhard Roth, der Schriftsteller, hat in diesem Zusammenhang von den "Politzwergen" gesprochen, die hier am Werk seien. Und es reicht nicht, die Revolution der Jungen, der Feschen, der Gesunden und der Leistungsfähigen auszurufen, denn wir müssen uns auch um die anderen kümmern und fragen: Was ist mit denen, die nicht jung, nicht fesch, nicht gesund und nicht so leistungsfähig sind? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber Sie handeln nicht danach. Das sehen wir an diesen Maßnahmen.

Und diese Gruppe ist wirklich treffsicher getroffen. Wahrhaftig! Die sozial Schwächeren werden treffsicher zur Kasse gebeten, kommen treffsicher zum Handkuss, werden treffsicher zu Verlierern gestempelt. Sie kassieren bei den Ärmsten: bei den Behinderten, bei den Kranken und bei den Arbeitslosen.

Was meine ich damit? – Stichwort Arbeitslosigkeit: Sie haben heute die Arbeitslosenzahlen hier gelobt, Sie haben aber eine Gruppe vergessen, die überproportional hohe Arbeitslosigkeit von behinderten Menschen. Unternehmer fürchten sich davor, Behinderte einzustellen, und sie sagen so salopp: Die werde ich womöglich gar nicht mehr los.

Unter diesem Blickwinkel ist Ihre Ankündigung, eine Milliarde Schilling in eine Beschäftigungsoffensive für Behinderte zu stecken, für mich angsteinflößend, wenn gleichzeitig die erste Antwort der Frau Vizekanzlerin darauf ist, sie könne sich die Aufweichung des Kündigungsschutzes vorstellen. Was heißt denn das? – Die behinderten Menschen noch mehr zu gefährden!

Wir hingegen fordern etwas ganz anderes. Wir können uns nur eines vorstellen, und das sagt auch Professor Mazal in seinem Bericht: Anhebung der Ausgleichstaxe auf die Höhe des Kollektivvertrages, zum Beispiel: Es können sich die Arbeitgeber viel zu billig freikaufen von ihrer Verpflichtung, Behinderte einzustellen, und daher hat auch nur ein Drittel der verpflichteten Betriebe behinderte ArbeitnehmerInnen angestellt. (Abg. Jung: Was ist Ihnen dazu eingefallen?)

Stichwort Unfallrente: Der Zynismus, die Unfallrente überhaupt in Frage zu stellen, sie womöglich abzuschaffen, wenn einer noch in einem Dienstverhältnis steht, scheint im Moment wieder vom Tisch zu sein, aber auch das wird noch kommen. Besteuern? – Ein Mensch hat seine Gesundheit mit Arbeit ruiniert, er hat massive Einschnitte in seiner Lebensqualität – er leidet ja an den Folgen seines Unfalls –, und Sie nehmen ihm einfach etwas weg.

Herr Sozialsprecher Feurstein! Wenn Sie meinen, diese Besteuerung könne der Schaffung von Arbeitsplätzen für Behinderte dienen, heißt das dann, benachteiligte Arbeitnehmer finanzieren


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