Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 70

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14.06

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Als Lehrstück der Demokratie konnte man diese letzte halbe Stunde wohl nicht bezeichnen.

Zum Menschenrechtsbericht und ganz allgemein: Es gibt taktische Spiele, die sind so alt wie die Geschichte selbst. Wir haben zum Beispiel schon festgehalten, dass von Ihnen Täter zu Opfern gemacht werden (Abg. Mag. Trattner: Was sagen Sie zu dem Vergleich Milošević und Parlament?), aber es gibt auch ein Spiel, das heißt: "Wenn es Probleme im Inneren gibt, dann schaffe welche außerhalb." – Das Ziel ist klar: Ablenken von den eigenen Fehlern!

Solche Ablenkungsmanöver gehören zu den Hauptstrategien der Regierungsparteien, und ich möchte da ein paar Beispiele nennen, etwa die katastrophale Wahlniederlage der FPÖ in der Steiermark. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Denkt an eure eigene!) Was macht die FPÖ? Sie lenkt von ihren unzumutbaren Verhaltensweisen ab und beschuldigt den Koalitionspartner; man kann sogar sagen, sie droht, wie wir das ja alle in den Medien mitverfolgen konnten. (Abg. Mag. Trattner: Haben Sie gewonnen in der Steiermark? – Abg. Auer: Wer hat mehr Stimmen verloren?)

Weiteres Beispiel – und das konnte man beobachten, als es um die Rechte der Minderheiten ging –: Die FPÖ lenkt schnell ab! Das Ganze ist geschehen in einem Fernsehinterview zum 10. Oktober in Kärnten. Es wurden zum Beispiel keine Antworten gegeben hinsichtlich der Abschaffung der zweisprachigen Direktoren.

Oder, meine Damen und Herren, was glauben Sie, macht das Regierungsduo, wenn es um die Forderung geht, einen Menschenrechtsbericht zu verfassen, um die tatsächliche Situation in Österreich genauer anzuschauen, daraus zu lernen und Maßnahmen zu treffen, zu "evaluieren", wie das heute so üblich ist? Was passiert? – Ganz schnell, beinahe schon reflexartig erheben die Regierungsparteien die Zeigefinger und zeigen auf die anderen: Der Rest der Welt und Europa im Besonderen mögen zuerst ihre Berichte vorlegen. – Wieder einmal eine Vorgangsweise, die außenpolitisch nicht gerade als konstruktives Signal zu bewerten ist.

Leider, meine Damen und Herren, scheinen Themen wie Menschenrechte und die Würde von Menschen innerhalb der FPÖ und der ÖVP keine Bedeutung zu haben. Auch für diese meine Behauptungen gibt es Beispiele. Eines dieser Beispiele, wo es sogar abgebrühten Beobachtern der österreichischen Asylpraxis den Atem verschlug, war das Vorgehen des "einfachen Parteimitglieds" gegenüber einer Gruppe von Hilfe suchenden Asylanten. Wie unnotwendigen Hausrat stellt er sie gewissermaßen vor die Tür, wohl netterweise versehen mit einer Bahnkarte nach dem Motto: Aus den Augen – aus dem Sinn! Das ist eine sehr interessante Art der Problemlösung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Dieses Beispiel ist in der Kritik des UNO-Flüchtlingshochkommissariates noch gar nicht beinhaltet. Diese Kritik wurde in einer Studie veröffentlicht, und zwar im September dieses Jahres. Zwei Drittel aller Asylsuchenden werden mittlerweile an völlig überforderte private Organisationen abgeschoben. Die Zahl der obdachlosen Asylwerber steigt. Es ist auch interessant – nebenbei bemerkt –, dass die Betreuung der Flüchtlinge durch das Innenministerium innerhalb des letzten halben Jahres um 30 Prozent zurückgegangen ist.

Ein weiteres Beispiel betrifft die Frauenrechte, und zwar ebenfalls eine Kritik vom September 2000. Ein UN-Komitee kritisiert die Situation der Frauen in Österreich und das Auflösen des Frauenministeriums als einen der ersten Schritte der Regierung. Frauenfeindlichkeit ist offensichtlich angesagt, und ich brauche keine Personen hervorzuheben; es weiß ohnehin ganz Österreich, wen wir Frauen im Plenum das letzte Mal zum Rücktritt aufgefordert haben. Auch die Gründe dafür sind bekannt, nämlich die Verunglimpfung von Frauen – das steht auf der Tagesordnung. Dass die Ministerin, die die Frauenagenden mit übernommen hat, bei Frauenpolitik und Feminismus als erstes an Extremismus denkt, ist bedauerlich, kommt aber nicht wirklich unerwartet.

Zum aktuellen Beispiel, das jetzt schon mehrmals besprochen wurde, den Grundrechten der Menschen: Wie es die beiden Regierungsparteien damit halten, ist bekannt. Man könnte sagen,


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