Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 137

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Was ist mit dem Fall, bei dem ein Polizeioffizier, ein Polizeiarzt und ein Polizeijurist einen kleinen Gauner verprügelt haben sollen? Oder: Was ist mit dem Fall, bei dem ein Polizeioffizier einen betrunkenen Kollegen im Dienst spitalsreif prügelt und ihn dann bis zur Ausnüchterung in eine Zelle sperrt? Oder: Was ist mit dem Fall, bei dem eine Türkin von einem Beamten einer Gendarmeriekriminalabteilung derart nachdrücklich befragt worden sein soll, dass sie zuletzt wirklich nicht mehr reden konnte, weil sie nämlich spitalsreif war? – Alles nachzulesen, Herr Wattaul, in den Geständnissen von Herrn Ex-FPÖ-Gewerkschafter Kleindienst. (Abg. Wattaul: Da war doch ein sozialistischer Innenminister zuständig!)  – Ja, nichts dagegen, Herr Wattaul! Aber wenn Sie so sicher sind, dann stimmen Sie doch der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Dann können diese Unzulänglichkeiten aufgedeckt werden. Stimmen Sie zu, bitte!

Wenn die Koalitionsparteien im Menschenrechtsausschuss immer dahin gehend argumentieren, dass wir nur für Österreich zuständig seien und uns nicht um Menschenrechtsverletzungen außerhalb Österreichs zu kümmern hätten, dann muss ich sagen: Das ist erstens falsch, und zweitens haben wir Beispiele genug, um endlich tätig werden und diese Missstände untersuchen zu müssen, damit sie, so hoffen wir, in Zukunft nicht mehr passieren.

Meine Damen und Herren von FPÖ und ÖVP! Ich frage mich daher, warum Sie eigentlich nicht von sich aus einen Untersuchungsausschuss in dieser Sache beantragt haben. Wenn Sie nichts zu verbergen haben, warum wehren Sie sich dann gegen einen Menschenrechtsbericht und gegen einen Untersuchungsausschuss zur Klärung der Bespitzelungs- und Datenklauvorwürfe? Meine Damen und Herren, das ist mir unklar. (Beifall bei der SPÖ.)

Warum fürchten Sie sich vor diesem Untersuchungsausschuss? Warum? Etwa deshalb, weil doch vielleicht ein Zusammenhang zwischen FPÖ und Verletzung der Menschenrechte aufgedeckt werden könnte? Oder deshalb, weil ein denkwürdiger Ausflug mehrerer Herren ins Wiener Nachtleben, mit dabei ein Politgrande, ein Bezirksrat und zwei Polizisten, bestätigt werden könnte? Oder deshalb, weil bewiesen würde, dass tatsächlich in allen Bundesländern Exekutivbeamte für eine Partei arbeiten und teils bezahlt, teils mit politischen Mandaten und Funktionen belohnt wurden? Wer hat denn da profitiert? – Das wäre zu klären, meine Damen und Herren!

Sie müssten doch selbst mehr als interessiert daran sein, zu klären, wessen Chefbüro es ist, wo stapelweise Papiere und Dossiers von heiklen und personenbezogenen Auskünften über diverse ideologische Gegner gebunkert werden, ob Vorwürfe in Bezug auf Spitzeldienste, unerträglichen Druck der Regierungsparteien auf den ORF und auf Journalisten oder Vorwürfe des Europäischen Antifolter-Ausschusses über polizeiliche Misshandlungen im Jahresbericht 2000 von amnesty international stimmen, ob all diese Menschenrechtsverletzungen auch richtig angeführt wurden. Wenn das so ist, dann gehört es aufgeklärt, und lehnen Sie bitte diese Aufklärung nicht ab!

Die Möglichkeiten der Aufklärung sind vielfältig: Da wäre einmal ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss und andererseits die Vorlage eines jährlichen Menschenrechtsberichtes, der über die Einhaltung der Menschenrechte in Österreich Auskunft geben kann. Die Regierungsparteien sollten sich dem meiner Meinung nach nicht verschließen – nicht wie im Menschenrechtsausschuss, wo die meisten Anträge leider oft mit fadenscheinigen Begründungen vertagt werden, und schon gar nicht hier im Hohen Haus.

Deshalb mein Appell an die Regierungsparteien: Stimmen Sie einer Aufklärung und einem jährlichen Menschenrechtsbericht zu! Vertagen Sie nicht, scheuen Sie nicht eine offene und sachliche Diskussion! Derzeit scheint es so zu sein, dass Ihnen von den Regierungsparteien die Beschäftigung mit Menschenrechten ja oft unangenehm, ja vielleicht sogar unheimlich ist. Wenn dem nicht so ist, meine Damen und Herren, beweisen Sie es! Stimmen Sie der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und unserem Antrag, einen jährlichen Menschenrechtsbericht zu erstellen, zu. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

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