Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 254

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erträglich! Es kann nicht sein, dass der Name des Bundesministers für Justiz mit dem Hinweis, dass er derzeit Justizminister ist, auf dem Briefpapier prangt – Herr Kollege, ich glaube, da sind wir uns einig –, das dazu dient, das Land mit einer Klagsflut zu überschwemmen! Das ist eines Rechtsstaates unwürdig, und ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand von den hier Anwesenden wirklich glaubt, dass das gut ist, dass das etwas Herzeigbares ist, dass das etwas ist, auf Grund dessen man sagt: Seien wir stolz auf Österreich! Wir haben einen Justizminister, dessen Name auf dem Briefpapier prangt, mit welchem alle anderen, die Intellektuelle sind, die Künstler sind, die eine andere politische Gesinnung haben, geklagt werden! – Wenn das wirklich Ihre Meinung wäre, dann würde mich das schon sehr wundern. Es wäre jedenfalls erschre-ckend. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir waren weiters damit konfrontiert, dass unter der zweifelhaft kongenialen Federführung von Herrn Westenthaler – ob das auch unter "Pointiertheit und Humor" zu fallen hat, weiß ich nicht – eine Attacke gegen den ORF, gegen die Meinungsfreiheit in diesem Land stattfand, die einzugartig ist: 22 Telefonanrufe pro Tag, ein Interview, das wir alle gesehen haben – das man am besten vergessen sollte, wenn man staatsbewusst ist, das man aber nicht vergessen sollte, wenn man die Person von Herrn Westenthaler qualifizieren soll –, sowie einen Brief der ÖVP, in dem Vorwürfe erhoben werden in Form dieser Zitatenliste des Herrn Khol.

Das sagt ja aus demokratiepolitischer Sicht auch sehr viel aus, Herr Kollege Khol, dass Sie sich zu einer derartigen Vorgangsweise hinreißen lassen! Sie haben den im Rundfunk verwendeten Ausdruck "Sanktionen gegen die Bundesregierung" bekrittelt und wollten das auf "Sanktionen gegen Österreich" geändert haben, wohl wissend, dass – unabhängig jetzt von den Sanktionen – diejenigen, die davon gesprochen haben, sie auszuführen, immer davon gesprochen haben, dass es Sanktionen gegen die Regierung sind. (Abg. Dr. Puttinger: Das ist das, was ihr angeschafft habt!) Das heißt, dass das, was Sie verlangt haben, schlicht tatsachenwidrig ist. Es ist eigentlich ein Skandal, und es ist unwürdig! Dass die ÖVP sich für so etwas hergibt, erstaunt mich besonders. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Westenthaler hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt, indem er bei einer der beliebten Montags-Pressekonferenzen Khol/Westenthaler, nachdem die Mikrophone – bis auf eines – abgeschaltet waren, angesichts kritischer Fragen eines ORF-Journalisten erklärt hat: Der Rundfunk wird sich jetzt die 600 Millionen Schilling in die Haare schmieren müssen! (Abg. Ing. Westenthaler: Spitzelskandal! Spitzelskandal!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, auch das bedarf keiner weiteren Information. Es ist offensichtlich "Pointiertheit und Humor", die Sie in die Politik einbringen, Herr Westenthaler! Dazu gratuliere ich Ihnen herzlich für die kurze Zeit, die Sie noch hier sein werden!

Im Großen und Ganzen müssen wir sagen, es handelt sich bei diesem Spitzelskandal, bei diesem gesamten Netz, das jetzt schön langsam auffliegt – die Namen sind auch heute hier genannt worden –, nicht nur um einen Kriminalskandal, der bei den Strafgerichten anhängig ist und auch aufgeklärt wird – wir vertrauen hier auf den Rechtsstaat und auf die Exekutive, die sich ja außerordentlich bemüht, sich aus diesem unerträglichen Netzwerk zu befreien und wieder das zu sein, was wir alle haben wollen, nämlich eines Rechtsstaates würdig und eine Garantie für die Sicherheit und nicht für das Gegenteil –, sondern es ist darüber hinaus auch noch so, dass das – wenn das alles stimmt – auf Grund dieses Parteiensystems natürlich auch eine politische Komponente hat.

Nun haben wir ja Untersuchungsausschüsse diskutiert und einen eingesetzt, und wir hatten die Vranitzky-Flüge, bei denen Sie alle so großartig argumentiert haben, warum das unbedingt sein muss, wobei Sie, insbesondere bei den Flügen, in einer Art und Weise agiert haben, die ja peinlich war, meine Damen und Herren, und einen Bericht erstellt haben, der eigentlich unglaublich ist! – Jetzt auf einmal aber ändert sich das alles: Bei den Flügen, ja, da muss das unbedingt untersucht werden – hier eine Destination von A nach B: unbedingt eine Prüfung! –, aber dieser Skandal soll ungeprüft bleiben, die Gerichte sollen sich damit befassen, das hat keine politische Relevanz.


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