Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 41. Sitzung / Seite 95

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speziell Zivildiener müssen mit diesem Gesetz seit 1. Juni leben, daher haben sie enormes Interesse daran, diese Fragen in Langform beantwortet zu bekommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Beantwortung der Fragen ist auch deshalb so wichtig, weil Sie, Herr Minister, eingesehen haben, dass die Zivildienstnovelle, die mit Juni in Kraft getreten ist, eigentlich nicht das ist, was sie hätte sein müssen. Deshalb haben Sie sich ja auch sofort wieder auf den Weg gemacht. Letzte Woche ist uns ein Entwurf für eine Novelle der Novelle zugegangen, mit der – sie soll mit Jänner nächsten Jahres in Kraft treten – jene Probleme, die bereits mit dem Gesetz vom 1. Juni geschaffen wurden, nicht gelöst, sondern noch zusätzlich verschärft werden. Genau das erhöht die Brisanz für den einzelnen jungen Mann, der sich überlegt, ob er es sich in Zukunft tatsächlich noch wird leisten können, Zivildienst zu machen oder nicht, noch viel mehr. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Es ist, auch wenn Sie es gerne hätten, noch immer nicht geklärt, wie Zivildiener mit 43 S pro Tag essen sollen. Sie haben damals gemeint, das sei dadurch möglich, dass die Einrichtungen Essen anbieten.

Ich war im Oktober bei der ZiviTroika in St. Pölten – Sie wissen, das ist die Dachorganisation aller Zivildienstleistenden in Österreich –, und dort wurde mir bestätigt, dass nicht einmal 30 Prozent aller Zivildiener mit Essen versorgt werden, geschweige denn, dass ihnen Gasthäuser oder andere Versorgungsstätten zur Verfügung stehen, wo sie dreimal am Tag um insgesamt 43 S essen können.

Weder das Rote Kreuz noch irgendwelche anderen Organisationen können flächendeckend in ganz Österreich für Zivildiener Essen sicherstellen, kleine Einrichtungen sowieso nicht, denn eine Organisation, die fünf, sechs Mitarbeiter hat und ein kleines Büro mit 20 Quadratmetern, wird und kann sich auch in Zukunft keine Küche plus eine Köchin leisten, die die Zivildiener dreimal pro Tag anständig bekocht beziehungsweise mit Essen versorgt. Das wird nicht gehen, das geht auch in Zukunft nicht!

Herr Minister! Das Problem der Zivildiener verschärft sich mit der neuen Novelle. Ich habe Ihnen das auch in meiner Stellungnahme geschrieben – ich muss dazu sagen, dass ich nicht aufgefordert war, eine Begutachtungsstellungnahme abzugeben, habe es aber trotzdem gemacht, da Sie mich ja eingeladen haben, immer quasi in Dialog mit Ihnen zu bleiben und Dinge, die uns auffallen, mit Ihnen zu besprechen beziehungsweise vorher schon darauf aufmerksam zu machen und Lösungsvorschläge anzubieten und nicht nur Kritik zu üben.

Diese Einladung habe ich ernst genommen. In Zukunft wird es, wenn die Novelle wirklich in der Form kommt, wie Sie es geplant haben, sehr, sehr schwierig werden, mit Ihnen noch über den Zivildienst zu diskutieren, denn Sie, Herr Minister, möchten den Zivildienst ganz einfach privatisieren, und zwar dahin gehend, dass Sie sich in der neuen Novelle – bitte, hören Sie zu, denn das ist einmalig – nur mehr auf die Zuteilung, die Auszahlung der Fahrtkosten, der Wohnkosten und der Familienbeihilfe, die de facto ja gar kein Zivildiener bekommt, beschränken.

Alle anderen Verpflichtungen, die Sie bis jetzt – und mit Recht – in Ihrer Verantwortung haben, nämlich die Bezahlung der Zivildiener – sprich: Pauschalvergütung –, die Sicherstellung, dass Zivildiener auch ordentlich zu essen bekommen, und zwar in den Einrichtungen et cetera, diese wesentlichen Bereiche geben Sie jetzt ab an die Einrichtungen selbst und schaffen damit das zweite große Problem, nämlich dass die Zivildiener jetzt in permanente Abhängigkeit ihrer Einrichtung kommen, obwohl jeder Zivildiener nicht mit der Einrichtung einen Vertrag hat, Zivildienst zu leisten, sondern ausschließlich mit dem Ministerium. Das heißt, Sie als Vertragspartner des Zivildieners lösen Ihre Vertragspartnerschaft auf und übergeben sie anonym der Trägerorganisation.

Herr Minister! So kann es nicht gehen! Und es kann auch nicht sein, dass Zivildiener jetzt mehr oder weniger eine Vorreiterrolle einnehmen sollen, da Sie deren Pflichtversicherung abschaffen. In dieser Novelle steht nämlich, dass es sich eine Einrichtung nun aussuchen kann, ob sie ihren Zivildiener bei einer privaten Versicherung versichert oder sonst irgendwo.


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