Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 45. Sitzung / Seite 32

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Wenn wir kurz charakterisieren, worin dieser so genannte Scherbenhaufen besteht, dann stellen wir fest, dass Österreich zu Beginn des Jahres 2000 eine der niedrigsten Arbeitslosenraten Europas hatte, eine der höchsten Beschäftigungsquoten, ein durchschnittliches Einkommen der Bevölkerung, das um 20 Prozent über dem europäischen Durchschnitt liegt, eines der sozial ausgewogensten Länder Europas und der Welt ist und einen Schuldenstand aufweist, der exakt im Schnitt der westeuropäischen Staaten liegt. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist kein Scherbenhaufen, sondern die Erfolgsgeschichte Österreichs! (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie uns vorgeschlagen haben mit Ihrem Budget und den dazugehörigen Budgetbegleitgesetzen, ist ein fundamentaler Systemwechsel in Österreich – ein fundamentaler Systemwechsel nicht weg vom so genannten Schuldenmachen, wie Sie es behaupten, sondern weg vom Wohlfahrtsstaat und von der Solidargemeinschaft Österreich hin zu einer Ellbogengesellschaft. Das ist der Systemwechsel, den Sie vorhaben und der in Wirklichkeit ein Sparkurs der sozialen Kälte ist, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neudeck. )

Ich werde im Folgenden den Nachweis dafür erbringen. Sie können sich in der heutigen neunstündigen Debatte ja gerne zu Wort melden und Argumente vorbringen, so Sie welche haben. Das, was Sie in Ihren Budgetbegleitgesetzen vorschlagen, ist eine einseitige ... (Abg. Ing. Westenthaler: Da laufen sogar die von der Galerie weg! Da leert sich sogar die Galerie! Die Leute laufen davon!)  – Herr Westenthaler, schon in der Früh der Blutdruck so hoch, weil die Argumente so dünn sind? Tut mir sehr Leid für Sie! (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie der österreichischen Bevölkerung hier präsentieren, ist, in wesentlichen Bereichen unserer Solidargemeinschaft Einschränkungen und Kürzungen durchzuführen: Das betrifft die Leistungen an Arbeitslose, das betrifft die Tatsache, dass Sie keine Vorstellung haben über die Finanzierung des Krankenversicherungssystems, das betrifft die Belastung von Unfallrentnern, das betrifft die Belastung jener mit schwachen Einkommen in diesem Land. – Das ist die hauptbetroffene Gruppe Ihrer Budgetpolitik, einer Budgetpolitik, die eine Politik der sozialen Kälte ist und nicht eine des sozialen Ausgleichs! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben versucht, darzustellen, dass die Einkommensbezieher von weniger als 30 000 S brutto von Ihrer Politik nicht betroffen wären. Das ist eine der größten Unwahrheiten, die zum Thema "Budget" jemals in diesem Land verbreitet wurden. Wahr ist viel mehr, dass Sie gezählte 26 Maßnahmen vorschlagen – auch in den heutigen Budgetbegleitgesetzen –, die die Einkommensgruppe mit unter 30 000 S brutto umfassend betreffen, und daher führt Ihre Politik nicht zu dem, was Sie angekündigt haben. Sie haben nämlich gesagt, Sie wollen eine Umverteilung von oben nach unten. Was hier vorgeschlagen wird, ist genau das Gegenteil: eine massive Umverteilung von den kleineren und mittleren Einkommen zu den Höchsteinkommen – und das ist ungerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch interessant, wie sich die Debatte seit Anfang September entwickelt hat, auf welche Einflüsterungen Sie gehört haben. Ich kann mich daran erinnern, dass wir eine sehr engagierte Debatte darüber hatten, ob nicht das österreichische Besteuerungsniveau in Bezug auf Kapital und Vermögen auf das europäische Niveau herangeführt werden könnte. Es gab auch eine engagierte Diskussion über die Frage der Stiftungsbesteuerung.

Wenn man die Stiftungen der Superreichen in unserem Land genau so besteuern würde wie die Sparbücher der "kleinen" Sparer, dann wären damit Einnahmen von in etwa 7 Milliarden Schilling zu erzielen. Sie haben im September noch davon gesprochen, dass Sie in etwa 2,2 Milliarden Schilling aus diesem Titel einnehmen wollen, was ohnehin sehr bescheiden ist. Offensichtlich auf Basis der massiven Widerstände der Betroffenen – ich nehme an auch Geldgeber Ihrer Partei – kommt aber nun eine Regelung heraus, die im besten Fall 400 bis 500 Millionen Schilling für das Budget bringen wird. Das ist der Beitrag der Superreichen zur Budgetkonsolidierung!


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