Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 102

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Als zentralen Punkt meines Beitrages möchte ich aber die bevorstehende Tagung von Nizza ansprechen. Frau Außenministerin! Zu den einzelnen Punkten haben wir ja schon diverse Gespräche geführt, und wir werden das im Hauptausschuss noch weiter tun.

Die Kommission sollte – und wir werden uns hoffentlich darauf einigen – insofern gestärkt werden, als wir versuchen, die Position des Präsidenten zu stärken. Insbesondere sollte Österreich auf eine vertragliche Verankerung des Entlassungsrechtes gegenüber einzelnen Kommissaren dringen. Ich glaube, das wäre eine sinnvolle Stärkung für den Kommissionspräsidenten. Es kann doch nicht so sein, dass, wenn es seitens eines Kommissars eine Verfehlung gibt, die ganze Kommission zurücktreten muss, weil man einen Kommissar loswerden will oder loswerden muss.

Inakzeptabel ist dagegen die Forderung, Frau Bundesministerin, die von anderen Mitgliedsländern erhoben wird: die Kommissare in Kommissare mit wichtigen Angelegenheiten und in Kommissare mit unwichtigen Angelegenheiten einzuteilen. Das sollten wir aus österreichischer Sicht auf alle Fälle verhindern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zur Stimmgewichtung müssen wir – darauf haben wir uns ja schon verständigt – unbedingt die doppelte Mehrheit fordern. Das österreichische Stimmgewicht sollte bei der qualifizierten Mehrheit nicht unter 4 Prozent und bei der Blockade-Minderheit nicht unter 10 Prozent sinken, sodass wir nach wie vor Gewicht im Rat haben. Es muss auch unbedingt verhindert werden, dass sich die Großen durch eine besondere Stimmgewichtung die Blockade-Minderheit institutionalisieren. Diese Bestrebungen sind, wie Sie wissen, im Gange, und das muss unbedingt verhindert werden.

Zudem sollte die qualifizierte Mehrheit nicht von drei oder weniger Staaten verhindert werden können. Auch darauf müssen wir in den Verhandlungen besonderen Wert legen.

Ich bin sehr erfreut darüber, dass nun, wie ich vorgestern den Nachrichten entnehmen konnte, neben Österreich und Frankreich auch Deutschland für die uneingeschränkte Beibehaltung der Einstimmigkeit in den Bereichen der Visa-, Asyl- und Einwanderungspolitik eintritt. So wird unsere Forderung dort sicherlich ein sehr, sehr großes Gewicht haben, und es wird in diesen für Österreich wesentlichen Fragen zu keinen Veränderungen kommen, was die Beibehaltung der Einstimmigkeit betrifft.

Solange es nämlich keine verbindlichen Quoten zum Beispiel für die Aufteilung von Flüchtlingen gibt, Frau Bundesministerin, und solange es keinen gemeinsamen Fonds zur Abdeckung allenfalls entstehender Kosten gibt – die anderen Mitgliedstaaten also wohl mitbestimmen, aber nicht auch die Lasten mit uns teilen wollen –, so lange kann es hier kein Mehrstimmigkeitsprinzip geben und muss die Einstimmigkeit erhalten bleiben.

Frau Bundesministerin! Ich warne vor der Abschaffung der Einstimmigkeit im Artikel 71. Ich habe auch mit Kollegen Kukacka darüber gesprochen, und er hat mir gesagt, er werde das noch einmal prüfen lassen. In diesem Artikel geht es um Vorschriften über die Grundsätze der Verkehrsordnung, deren Anwendung die Lebenshaltung und die Beschäftigungslage in bestimmten Gebieten sowie den Betrieb von Verkehrseinrichtungen ernstlich beeinträchtigen könnte. Davon wird meiner Ansicht nach auch das Wochenendfahrverbot in Österreich betroffen sein, Frau Bundesministerin.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass – von wenigen Ausnahmen abgesehen – irgendjemand mit dem Fall des Wochenendfahrverbotes Freude hätte. Das sollte daher unbedingt noch einmal eingehend geprüft werden. Wenn dem so ist, wie ich glaube, dann ist auch hier Vorsicht geboten und die Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips angebracht.

Frau Bundesministerin! Dankbar bin ich auch dafür, dass die Einstimmigkeit für den Artikel 175 bereits im Regierungsübereinkommen paktiert ist. Ich hoffe, dass es im Interesse aller hier im Hause vertretenen Parteien ist, wenn die Bewirtschaftung der Wasserressourcen, die Fragen der Raumordnung, die Fragen der Bodennutzung und der Abfallbewirtschaftung beziehungsweise die Wahl der Energieträger weiterhin dem Einstimmigkeitsprinzip unterworfen bleiben.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite