Bitte, setzen Sie fort, Herr Abgeordneter!
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Herr Präsident! Ich nehme zur Kenntnis, dass neben der Bezeichnung "rechtsextrem" jetzt das Wort "abgängig" und das Wort "flüchtig" auch nicht mehr verwendet werden können. (Abg. Dr. Petrovic: "Chaoten" darf man sagen!) Ich nehme es einfach zur Kenntnis und werde in meiner weiteren Rede beide Ausdrücke nicht mehr verwenden, stelle aber fest, dass dieselbe Präsidentschaft es erlaubt, die Begriffe "Chaoten", "Mob" und andere zu verwenden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Herr Präsident! Ich finde es höchst an der Zeit, hier eine gewisse Unsicherheit in der Vorsitzführung so zu beseitigen, dass die Abgeordneten wissen, was möglich ist und was in diesem Haus nicht geduldet wird. Aber das wird sicherlich nicht im Laufe dieser Sitzung geschehen können. – Gut.
Meine Damen und Herren! Wenn Abgeordneter Westenthaler ans Rednerpult tritt, dann ist das ja nur eine Episode in einer langen Geschichte, deren wichtigste Stationen ich kurz rekapitulieren möchte. Wir haben inzwischen dermaßen viele freiheitliche Verdächtige in den diversen Verfahren, dass es im Falle einer Anklage möglich wäre, dass eigentlich der Kopf der Freiheitlichen Partei auf der Anklagebank versammelt wäre. Würden die Verfahren, was wir natürlich nicht wissen, zu dem Ende kommen, dass Freiheitsstrafen ausgesprochen würden, dann würde sich die Freiheitliche Partei mit wenigen Ausnahmen eine komplett neue Führung suchen müssen, wenn sie nicht in Kauf nehmen würde, etwa vom "Grauen Haus" aus geführt zu werden, was natürlich technisch möglich ist, aber politisch nicht angebracht erscheint. (Abg. Mag. Trattner: Sehr geschmackvoll! Schämen Sie sich! – Zwischenruf des Abg. Gaugg. – Abg. Dr. Petrovic: Aber Gaugg buchstabiert nicht!)
Herr Abgeordneter Gaugg, deswegen verstehe ich natürlich ein gewisses Interesse, ein gewisses parteipolitisches Interesse, die Spitze der eigenen Partei vor Strafverfolgung zu schützen. Doch wenn das mit rechtsstaatlichen Mitteln nicht funktioniert, dann versucht man es eben mit Mitteln, die normalerweise dem Rechtsstaat und seinen Organen nicht zu Gebote stehen. Und genau da liegt das Problem.
Jetzt mag es Ihnen als Partei und Verdächtigen in den Verfahren unbenommen sein, obwohl schon das problematisch ist, zu sehr eigenartigen Mitteln zu greifen, um Einstellungen der Verfahren zu bewerkstelligen, was aber mit Sicherheit nicht geht, ist, dass sich Mitglieder der österreichischen Bundesregierung genau zu diesem Zwecke hergeben und ihr Amt und ihren Einfluss zur Verfügung stellen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es gibt eine kurze Interventionskette, in der Klubobmann Westenthaler sicherlich eine geringe Rolle spielt. Ein Großteil der Interventionen geht vom Kärntner Landeshauptmann Dr. Haider aus und richtet sich persönlich an den Justizminister. Meines Wissens gibt es fast täglich mündliche Interventionen und gibt es diese Interventionen seit Wochen, eine Verfahrenseinstellung zu erzwingen. (Ruf bei der ÖVP: Woher wissen Sie das?) Das sind persönliche, teils telefonische, teils direkt stattfindende Interventionen (Abg. Dr. Stummvoll: Ist das abgehört? – Abg. Dr. Petrovic: Intuition!), über die Beamte aus dem Justizministerium auch berichten und deren Folgen, meine Damen und Herren, bereits spürbar sind.
Wie ist es auch anders erklärbar, dass sich der Justizminister persönlich an den Innenminister wendet und von ihm eine Art Meldepflicht für Haider-Verfahrensschritte verlangt, verlangt, es möge jeder Schritt gegen Dr. Haider sofort den Justizbehörden und damit dem Minister gemeldet werden? Doch der Innenminister lehnt das ab.
Ich habe vor drei Stunden den Herrn Bundesminister für Inneres gefragt, wie es zu diesen Interventionen gekommen ist und warum sie zu Recht abgelehnt und zurückgewiesen worden sind, und der Herr Bundesminister für Inneres hat dazu nicht Stellung genommen. Jetzt mag er der Meinung sein, es reiche völlig, eine rechtswidrige und problematische Intervention zurückzuweisen, aber dieses Haus hat auch ein Recht informiert zu werden, und die Beamten im Ressort haben auch das Recht, zu wissen, dass der Innenminister diese Interventionen zurückweist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)