"Diese Bundesregierung hat es sich bei ihrem Amtsantritt zum Ziel gesetzt, über ihre Reformvorhaben mit allen gesellschaftlich relevanten Gruppen und hier vor allem mit den Sozialpartnern in einen Dialog einzutreten. So fand bereits im Juli 2000 der 1. Reformdialog statt, an dem auch die Sozialpartner, Vertreter der Gebietskörperschaften und Experten teilnahmen. Der ÖGB wurde von Präsident Abg. Verzetnitsch höchstrangig vertreten. Lediglich die im Parlament vertretenen Parteien SPÖ und Grüne verweigerten ihre Mitwirkung an diesem Reformdialog. In der Folge, nämlich beim 2. Reformdialog am 1. September 2000, nahmen zusätzlich auch der SPÖ-Vorsitzende Gusenbauer und – als Vertreter der Grünen – Prof. Van der Bellen teil. Beide bezeichneten in der Diskussion diesen Reformdialog als sinnvoll und nützlich und bekannten sich in Wortmeldungen zum gemeinsamen Budgetziel: Nulldefizit im Jahre 2002.
Die Sozialpartner waren auch bei der Erstellung des Berichtes über die soziale Treffsicherheit (Vorsitz: Prof. Dr. Mazal) von Anfang an eingebunden.
Die Bundesregierung hat die Sozialpartner, insbesondere den Österreichischen Gewerkschaftsbund, in die Verhandlungen über die Budgetbegleitgesetze miteinbezogen. So konnte es zu einem Einvernehmen mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst hinsichtlich des Beitrages der Beamten zum wichtigen Ziel der Budgetsanierung kommen. Die Gespräche zwischen der Bundesregierung, Vertretern des ÖGB und der übrigen Sozialpartner führten auch dazu, daß von der Einführung der zunächst geplanten vierwöchigen Wartefrist beim Arbeitslosengeld Abstand genommen wurde, um eine sozialpartnerschaftliche Lösung zu ermöglichen. Gerade diese Beispiele beweisen, daß die Bundesregierung an gemeinsamen Lösungen zum Wohle Österreichs jederzeit interessiert war und ist.
Umso unverständlicher sind daher die heutigen Protestaktionen unter Beteiligung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes gegen die Politik der österreichischen Bundesregierung, da hiedurch der Reformdialog verlassen und die Diskussion bedauerlicherweise auf die Straße verlagert wird. Mit Straßenblockaden können aber keine Probleme gelöst werden.
Eine solche Vorgangsweise ist auch deshalb außerordentlich bedauerlich, weil die Spitzenfunktionäre des ÖGB im Parlament vertreten sind und selbst jederzeit die Möglichkeit haben, ihre Anliegen in dieser demokratischen Einrichtung vorzubringen.
Ein weiteres Beispiel für die unverständliche Vorgangsweise der Gewerkschaft stellt das Vorgehen der Lehrer dar, wonach die zunächst erzielte Einigung durch einen Streikbeschluß zunichte gemacht wurde. Das Streikrecht ist zweifelsohne ein Grundrecht. Der konkrete Streikbeschluß richtet sich aber gegen eine gültige Sozialpartnereinigung, über welche die Lehrer offensichtlich nicht oder nur unvollständig von ihren Vertretern informiert wurden.
Die Vorgangsweise des ÖGB, mit Aktionismus und politischen Straßendemonstrationen eine Blockadepolitik durchzuführen, eine Menschenkette Arm in Arm mit gewaltbereiten Demonstranten zu bilden und Abgeordnetenmobbing zu organisieren, steht im diametralen Gegensatz zum Angebot der Bundesregierung, mit den Sozialpartnern in einem Reformdialog die Probleme konsensual zu lösen. Durch diese Demonstration besteht die Gefahr, den Entscheidungsprozeß im Parlament – dem einzigen zur Gesetzgebung berufenen Organ – zu behindern.
Das Verhalten des ÖGB erscheint insbesondere auf Grund der sozial- und wirtschaftspolitischen Fakten vollkommen unverständlich:
Die Beschäftigung erreichte am 31. Oktober 2000 mit 3,153.147 Mio. unselbständig Erwerbstätigen – das waren um 21.161 mehr als ein Jahr zuvor – einen neuen Rekordwert.
Das Wirtschaftswachstum wird heuer 3,5 % betragen; das höchste Wirtschaftswachstum seit den 80er Jahren.
Die Zahl der Jobsuchenden sank im Oktober 2000 auf 171.464. Das ist die geringste Oktober-Arbeitslosenzahl in Österreich seit Jahren. Gegenüber dem Vorjahr ging die Arbeitslosigkeit um 22.749 oder 11,7 % zurück.