Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 201

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

21.50

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Keppelmüller, an sich schätze ich Sie sehr, da Sie jenem Teil der Sozialdemokratie angehören, mit dem man immer einen konstruktiven Dialog führen konnte. Aber nachdem Sie Ihr Klubobmann in die letzte Reihe gesetzt hat, müssen Sie jetzt offensichtlich um die Gunst der Parteiführung wetteifern. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich bin aber wirklich enttäuscht – und das sage ich Ihnen von dieser Stelle aus –, dass Sie sich jetzt auf wirklich gefährliches Glatteis begeben. (Abg. Dr. Keppelmüller: Warum?) Sie haben es in Ihrer Rede ausgeführt. (Zwischenruf des Abg. Eder. ) Wir haben uns tatsächlich – und das sollten wir wirklich angehen! – in Sachen Immunität selbst beim Schopf zu nehmen und eine neue, adäquatere Lösung zu treffen, denn diese Anlassgrundsatzfestlegung, die seinerzeit getroffen wurde, ist ja wirklich nicht das Gelbe vom Ei. Das muss man sich einmal eingestehen beziehungsweise zugeben.

Das, was Sie jetzt hier vom Rednerpult aus gesagt haben, ist allerdings sehr entlarvend: Sie beginnen jetzt, mit relativ alten Auslieferungsfällen wiederum Tagespolitik zu machen. (Abg. Schwemlein: Wir versuchen, das System darzustellen!) Sie sagten einleitend, dass Sie, Herr Keppelmüller, und, wie ich annehme, auch die Sozialdemokratie sehr wohl unterscheiden. Da fängt es meiner Ansicht nach schon an, gefährlich zu werden, und ich frage mich: Ist das ein neuer Versuch, mit zweierlei Maß zu messen? Sie behaupten, dass Sie und die Sozialdemokratie objektiv sind, unterscheiden können und in der Vorbeurteilung immer sagen können, was los ist und was nicht los ist, was gerecht und was ungerecht ist, was in Wirklichkeit richtig und was falsch ist.

Soll ich Ihnen etwa sagen, welcher Unterschied zwischen einem Fundamentalisten und einem Idealisten besteht? – Der Idealist, zu denen ich Sie bisher immer gezählt habe, weiß, was richtig und falsch ist. Fundamentalisten, zu welchen Sie für mich ab heute gehören, weil Sie genauso geredet haben wie Ihre Parteispitze, unterscheiden auch zwischen Gut und Böse beziehungsweise maßen sich an, diese Unterscheidung vornehmen zu können! (Beifall bei den Freiheitlichen. )

Sie, Kollege Keppelmüller, maßen sich an, eine Beurteilung vornehmen zu können, die uns nicht ansteht! Wir hier im Hohen Haus sind kein Gericht – und werden es hoffentlich auch nie sein, auch wenn die Sozialdemokratie das noch so oft verlangt! (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter. ) Wir haben hier lediglich über die Zustimmung oder über die Ablehnung einer Auslieferung zu entscheiden. Tun Sie nicht immer so, als ob eine Auslieferung zugleich Schuldspruch, Verurteilung und dergleichen bedeutet! Dass Sie so denken, ist aber Ihren Worten zu entnehmen!

Ich nenne Ihnen jetzt das lebende Beispiel, dass das nicht zutrifft: Kollege Westenthaler war auch im Landtag der am meisten ausgelieferte Politiker, den es in seiner Zeit gegeben hat, er wurde jedoch kein einziges Mal verurteilt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist der Unterschied: Recht in diesem Land spricht immer noch das Gericht, nicht aber die Sozialdemokraten oder die gerade vorhandene Mehrheit! Merken Sie sich das! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. )

Selbst wenn Kollegen Westenthaler 40 Prozent der Auslieferungsfälle betreffen, so bedeutet das noch lange nicht, dass er in jedem Fall verurteilt wird! (Abg. Dr. Keppelmüller: Haidlmayr!)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Es entspricht auch einem Sittenbild, wenn man in der Öffentlichkeit immer wieder behauptet, dass wir die Opposition mit Klagen mundtot machen, es sich aber – wie Sie selbst hier vom Rednerpult ausführen – jeweils anders verhält, nämlich dass die Sozialdemokraten und ihre Vertreter unsere Mandatare klagen.


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