Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 82

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Auch die Lösung betreffend der Kommissare ist zwar aufgeschoben, aber nicht wirklich gelöst. Man hat sich halt jetzt auf etwas geeinigt, aber in zehn Jahren – oder wann auch immer – muss man das Ganze neu verhandeln. Eine Lösung kann das wohl nicht wirklich sein; und auch keine, bei der Österreich eine wichtige Rolle gespielt hat.

Herr Klubobmann Khol hat gemeint – er hat sich auf die Zeit nach den Sanktionen bezogen, sehr wohl auch auf Österreichs Rolle in Nizza –, dass unsere Außenpolitik jetzt wieder eine neue und erfolgreiche Basis habe. – Ich sehe das nicht! Ich konstatiere eher, dass wohl das Gegenteil der Fall ist. Ich habe außer dem, was hier gesagt wurde, was Sie in Nizza präsentiert haben, keine eigenen Initiativen von Seiten Österreichs gesehen. Die Außenministerin hat in der Vergangenheit des Öfteren tolle Ideen bezüglich einer strategischen Partnerschaft, einer "Österreich-Plattform" vorgestellt. Wo sind die geblieben? – Das ist in den letzten Wochen anscheinend in den internen Debatten um die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin untergegangen.

Gestern in der Sendung "Report" hat auch der österreichische EU-Kommissar Fischler gemeint, dass Österreich in Bezug auf die Erweiterung endlich initiativ werden sollte. – Frau Ministerin! Ich habe diesbezüglich von Ihnen noch nichts gehört. Wir haben mittlerweile fast Februar, und es wird wohl Zeit, dass da etwas geschieht. (Beifall bei den Grünen.)

Was sollte denn geschehen? Wo ist denn die Qualifikationsoffensive für die Bevölkerung an den Grenzen? – Ich habe nichts davon gehört. Da geht es eher in die Richtung, dass eine Freiheitliche in Niederösterreich, Frau Rosenkranz, wieder einmal eine Volksbefragung zur EU-Ost-Erweiterung fordert. – Viel Spaß bei den internen Koalitionsberatungen dazu!

Aber wo ist die "Österreich-Plattform"? Wo ist diese strategische Partnerschaft? – Das Einzige, was ich in den letzten Wochen zum Wort "strategisch" gehört habe, waren die militärstrategischen Überlegungen rund um die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin. Diese wurde uns übrigens nicht richtig vorgelegt, wir bekamen sie irgendwann zugesandt.

Zuerst wollte die Bundesregierung die Beistandsgarantie in der EU verankern. Man hat aber spätestens in Nizza festgestellt, dass das nicht gelingen wird, und jetzt versucht man es eben anders. Jetzt versucht man es über die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin, mit der Österreich jeglichen Anspruch auf eine eigenständige Außenpolitik aufgibt.

Herr Kollege Spindelegger hat vorhin gesagt, es gehe um eine Friedenspolitik. Ich frage Sie, ob die Antwort auf die Bedrohungen, die in der Sicherheitsdoktrin stehen – nämlich nicht mehr die militärischen Bedrohungen, sondern Dinge wie Menschenrechts- und Demokratieverletzungen, Umweltprobleme, internationale Kriminalität, Energie- und Ernährungsfragen –, die ist, diese Bedrohungen über die NATO zu lösen. Über ein Militärbündnis wollen Sie sie lösen? – Das ist wohl nicht die richtige Möglichkeit! (Abg. Dr. Spindelegger: Das steht überhaupt nicht drinnen!)  – Das steht sehr wohl drinnen.

In dieser Doktrin werden Bedrohungsszenarien dargestellt – diese stimmen im Großen und Ganzen –, und als Lösung wird dann plädiert – sehr verschämt gesagt – für den Euroatlantischen Sicherheitsverbund. (Abg. Dr. Spindelegger: Wir sind schon in der NATO-"Partnerschaft für den Frieden"! – Abg. Dr. Petrovic: Ja, leider!)

Was Sie hier machen, ist, dass Sie den Österreichern und Österreicherinnen verkaufen wollen, die Neutralität sei obsolet, man beschränke sich auf die Bündnisfreiheit, die ein ganz wichtiger Teil der Neutralität ist – aber nicht der einzige, wohlgemerkt! Keine permanente Truppenstationierung und keine Teilnahme an Kriegen, das gehört auch dazu. Jetzt sagen Sie jedoch, wir wollen die Bündnisfreiheit, und Sie sagen insgeheim: Wir gehen zum Euroatlantischen Sicherheitsverbund.

Wissen Sie, was Sie hiemit tun? – Sie versuchen, den Österreichern diese Bündnisfreiheit quasi als Trojanisches Pferd zu verkaufen, und Sie hoffen, dass die Österreicher und Österreicherinnen das nicht merken. Wenn es dann endlich so weit ist, dass die Neutralität abgeschafft sein wird – denn das ist Ihr Ziel! –, dann ist der Weg frei in die NATO.


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