Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 166

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Der Dank gebührt auch der Bevölkerung dieses Landes. Es ist für ein Land nicht leicht, zurückzublicken, wir alle sind beschäftigt, mit dem Blick in die Zukunft, mit den Problemen der Gegenwart – für die Tatsache, dass die Österreicherinnen und Österreicher diesen Prozess unterstützt haben, ist der österreichischen Bevölkerung zu danken, und ich bin absolut überzeugt, dass es der Welt eine Menge darüber sagen wird, wo Österreich im 21. Jahrhundert steht. Es wird dies ein Stärkungsprozess sein beziehungsweise ist es bereits, wie der Herr Bundeskanzler gesagt hat, Ihre Vergangenheit zu betrachten, Lehren daraus zu ziehen und auf deren Grundlage Gerechtigkeit walten zu lassen, und die Tatsache, dass der Bundeskanzler, das Parlament und die Bevölkerung dazu bereit sind, stellt eine enorme historische Leistung größten Ausmaßes für dieses Land dar."

Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Fischer. )

19.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Krüger, Dr. Khol, Mag. Stoisits und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht damit mit zur Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

19.18

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Die Republik Österreich braucht sich für die Wiedergutmachungs- beziehungsweise Entschädigungsgesetzgebung in Sachen Aufarbeitung der Folgen des Nationalsozialismus weder besonders zu schämen noch mit besonderem Stolz auf die Schulter zu klopfen – nicht zu schämen deshalb, weil das heute zu beschließende Gesetz keineswegs das erste Gesetz ist, mit dem der Versuch unternommen wird, zumindest eine finanzielle Wiedergutmachung, nämlich dort, wo menschliche Wiedergutmachung nicht mehr möglich ist, in die Tat umzusetzen.

Es hat bereits im Jahre 1946 das so genannte Nichtigkeitsgesetz gegeben. In weiterer Folge wurden sieben Rückstellungsgesetze erlassen. Nach den einschlägigen Dokumentationen wurden in der Republik Österreich vor den zuständigen Rückstellungssenaten und den darüber stehenden Oberbehörden insgesamt 43 000 Rückstellungsverfahren abgewickelt. Es gab eine Vielzahl von gesetzlichen Besserstellungen in der Sozialversicherung, und erst in der vorvergangenen Legislaturperiode konnten wir das Nationalfondsgesetz beschließen.

Wenn ich sage, dass wir, was die Wiedergutmachung anlangt, aber auch nicht mit besonderem Stolz in die Vergangenheit zu blicken brauchen, so bezieht sich das darauf, dass es politisch immer wieder Strömungen gegeben hat, die davon gesprochen haben, "die Sache in die Länge zu ziehen".

Es ist natürlich fast anmaßend – das gebe ich schon zu –, am heutigen Tag als Abgeordneter, der erst im Jahre 1994 angelobt wurde, hier leise Kritik an den Vorgängen im Nationalrat zu üben, weiß man doch, welch gewaltige Anstrengungen Österreich unternehmen musste, um aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges wieder eine blühende Demokratie, ein blühendes Land zu schaffen.

Mit dem heutigen Gesetz und den heutigen Gesetzesvorlagen wird etwas sehr Wesentliches bewirkt: Es soll ein für alle Mal ein Schlussstrich unter die noch offenen finanziellen Forderungen von Opfern und ihren Erben gezogen werden. – Einen Schlussstrich kann man nur unter materielle Ansprüche ziehen. Ich habe bereits wiederholt und auch im Ausschuss gesagt, dass man sich zu jeder Zeit – ob das 50 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist, ob später oder wann immer – der geschichtlichen Betrachtung und auch der geschichtlichen Verantwortung zu stellen hat. Ich glaube, dass mit diesem Gesetz die Republik Österreich einer sehr wichtigen Verantwortung nachkommt.

Ich möchte noch einen geschichtlichen Rückblick machen und versuchen, auf die furchtbaren Ereignisse in den späten dreißiger Jahren und in den vierziger Jahren einzugehen.


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