Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 165

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der Herr Bundespräsident musste tätig werden, damit Experten in dieses Haus kommen konnten.

Auch betreffend Jugendgerichtsgesetz ist es letztlich erst nach der Diskussion in der Enquete-Kommission zu anderen Themen und nach vehementen Abwehrbewegungen seitens der Regierungsparteien, aber guten Argumentationen seitens der Opposition geglückt, Expertenmeinungen einzuholen. Sie können doch nicht im Ernst danach hergehen und sagen, es sei Ihr Werk, dass da Experten gesprochen haben, die Sie eigentlich lange Zeit stets abwehren wollten. Das werfe ich Ihnen vor! Das ist an sich eine Einstellung in der Justizpolitik, die ich als unwürdig bezeichnen würde. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir jetzt schauen, was in letzter Zeit passiert ist, muss man sagen, es gibt Emotionen statt Sachlichkeit, wir haben eine Rückkehr zum altgermanischen Rachedenken. – Das sind Expertenmeinungen, Professor Höpfel hat das gesagt. Das spricht für sich. Es gibt ja auch die Aussage des vormaligen Justizsprechers Graff, der sich milde lächelnd abgewandt und eigentlich eindeutige Worte für diese Politik gefunden hat.

Wenn man jetzt fragt: Was soll dieses Jugendgerichtsgesetz tatsächlich bewirken? Wie kann da an die Wurzel gegangen werden?, so muss man zwangsläufig das respektieren, was uns zahlreiche Expertinnen und Experten in der Enquete-Kommission mitgeteilt haben.

Dort war festzustellen, dass der Vorschlag auf Senkung der Strafmündigkeit von 19 auf 18 Jahre, nämlich mit dem hanebüchenen Argument, auch die Altersgrenze der Volljährigkeit werde gesenkt, von keinem einzigen – ich glaube, es gab nur eine Stimme – wirklich unterstützt wurde, da eben die Argumentation, dass die Volljährigkeit mit der Strafmündigkeit zusammenhängen soll, nicht logisch nachvollziehbar ist, weil das zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe sind.

Zweiter Aspekt: Gerade die Kriminalitätsbelastung in der Altersgruppe zwischen 18 und 19 Jahren sei sehr groß. Nachdem sich Herr Professor Fuchs damit auseinander gesetzt und das Ergebnis seiner Recherche präsentiert hat, hat sich auch das als nicht mehr stichhaltig herausgestellt.

Sie, Frau Kollegin Fekter, haben heute in Ihrer Aussendung erklärt, was für großartige Fortschritte dieses Gesetz beinhalte. Ich räume ein, es gibt gegenüber dem ursprünglichen Entwurf Fortschritte. Das räume ich ein, um das Ganze hier nicht nur in Grund und Boden zu reden. (Abg. Dr. Fekter: Sie tun sich schwer, ...!) Ich darf Ihnen nur vorhalten, die Fortschritte kamen nicht von Ihnen, sondern sie sind letztlich von der Opposition und von den Experten herbeigeführt worden.

Wenn ich mir den Bericht anschaue, wie eigentlich die finanziellen Auswirkungen sind, steht zu lesen, dass der ursprüngliche Entwurf jährlich zu 11 Millionen Schilling an Mehraufwendungen – das ist für mich nicht unbedingt das Maßgebliche von der Justizpolitik her –, aber auch zu 9 000 zusätzlichen Hafttagen geführt hätte.

Jetzt weiß jeder – das haben wiederum die ExpertInnen mitgeteilt –, dass jeder einzelne Hafttag für einen Jugendlichen die Gefahr, noch krimineller zu werden, bedeutend erhöht, dass wir mit diesen zusätzlichen Hafttagen genau das erreichen, was wir nicht wollen, nämlich eine Erhöhung der Rückfalls- und der Kriminalitätsquote. Es kann eben nicht so sein, dass man unter einem emotionalen Aspekt in diese Diskussion geht und sagt, strafbare Handlungen müssen bestraft werden, weil eben die Haft genau das Gegenteil davon bewirkt.

Ich darf Ihnen einige Erklärungen von Mitgliedern der Enquete-Kommission vorlesen, die wohl für sich sprechen. Herr Professor Fuchs sagt zum Beispiel:

"Im Strafrecht jedenfalls ist ganz klar auf Grund aller Aussagen der Experten, dass die Grenze sicher nicht mit 18, wahrscheinlich auch nicht mit 19 anzusetzen ist, dass die Kriminalität darunter weitestgehend entwicklungsbedingt ist und die Art, wie man damit umgeht, Weichen für die Zukunft des Menschen und damit für die Kriminalitätsentwicklung" – insgesamt und damit für


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