Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 181

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

ich muss Sie fragen: Wer redet eigentlich vom Einsperren? Sie haben die ganze Zeit vom Einsperren geredet, Sie haben so geredet, als ob die ÖVP und die FPÖ, die Koalition, nichts anderes im Sinn hätten, als Jugendliche einzusperren. Ich sage Ihnen Folgendes: Unsere Präventionskonzepte versagen zusehends, das wissen wir. Wir wissen, dass Jugendliche in einem so hohen Ausmaß wie noch nie der Drogenkriminalität anheim fallen, entweder indem sie selbst kriminell werden und Drogen dealen oder indem sie Drogen konsumieren.

Frau Kollegin Wurm, ich sage Ihnen etwas: In Graz haben wir im Drogenbereich eine Situation, wie wir sie noch nie hatten! Und wenn ich Wiener Kollegen zuhöre, weiß ich, dass unsere Situation in Graz jener in Wien ähnlich ist. Wir sollten uns angesichts dieser Entwicklung wirklich Sorgen machen! Aber dieses Sich-Sorgen-Machen schaut bei der SPÖ so aus, dass sie die Drogenfreigabe verlangt! Das ist nicht unser Konzept, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Trinkl und Frau Kollegin Fekter haben schon darauf hingewiesen: Was im Jugendbereich sehr notwendig zu sein scheint, ist eine klare Grenzziehung! Grenzen setzen! Die Jugend hat ein Recht auf Grenzen! Sich dann, wenn ein Jugendlicher, ein Kind Grenzüberschreitungen begeht, zu überlegen, wie man ein Gesetz ändern kann, damit das Kind nicht straffällig wird, ist der falsche Weg! Wir haben alles zu tun, um das Kind oder den Jugendlichen davon abzuhalten, straffällig zu werden, und nicht den umgekehrten Weg zu gehen. Ich bin auch in der Sitzung des Sportausschusses ziemlich sauer darüber gewesen, dass die Grünen und die SPÖ nichts anderes im Kopf haben, als sich zu überlegen, ob man nicht mehr Drogen freigeben sollte. – Als ob mit mehr Drogen weniger Sucht erzeugt werden würde! Ich bin wirklich entsetzt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist ganz klar, dass die Familie leider Gottes auch durch Versäumnisse in der Vergangenheit mehr und mehr an praktischer Bedeutung verliert. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. ) Die Sozialisation der Jugendlichen – Frau Kollegin, hören Sie zu! – erfolgt zunehmend über Freunde oder Cliquen, die ein geringeres Unrechtsbewusstsein haben und es nicht so schlimm finden, wenn einer zum Beispiel einen Einbruch verübt. Ich weiß das, meine Damen und Herren! Es gab zum Beispiel einen 15-Jährigen, der bei der Einvernahme durch die Polizei in Wien-Donaustadt gesagt hat: Es ist schon etwas Besonderes, einmal einen Einbruch zu verüben.

Meine Damen und Herren! Dem jetzt damit zu begegnen, dass man sagt, das passt alles, es ist alles in Ordnung, das ist meiner Meinung nach nicht richtig! Auch erfahrene Pädagogen sagen uns, dass das der verkehrte Weg ist.

Meine Damen und Herren! Dem Befund, den ich zu schildern versucht habe, sollte man eine Therapie gegenüberstellen. Wir sind keineswegs dafür, dass nur eingesperrt werden soll, und das geht auch aus dem Gesetz hervor. Wer das Gesetz aufmerksam gelesen hat, dem ist das auch klar. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. )

Frau Kollegin! Haben Sie das Gesetz gelesen? Ich glaube nicht. Sie können es nicht gelesen haben, denn sonst hätten Sie Folgendes mitbekommen: dass der Justizminister in Hinkunft eine Ermächtigung zum Abschluss von Verträgen mit gemeinnützigen therapeutischen Einrichtungen oder Vereinigungen erhalten wird, wo straffällig gewordene Jugendliche zur Therapie zugewiesen werden können. Es wird also genau das getan, was den Erkenntnissen aus Wissenschaft und Pädagogik entspricht. Nur eines ist dem vorauszusetzen: eine Grenzziehung.

Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir dieses Gesetz verabschieden können, und zwar aus folgendem Grund: An Kindern und an Jugendlichen werden sehr oft Verbrechen begangen. Das wissen wir. Leider ist dem so. Aber Kinder und Jugendliche, an denen Verbrechen begangen werden, werden leider Gottes auch oft selbst zum Verbrecher. Diese verhängnisvolle Kette zu durchbrechen, möge uns mit diesem Gesetz gelingen! Ich hoffe es und bin eigentlich überzeugt davon. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.41


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite