Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 51

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11.41

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich komme noch einmal kurz zurück zur Budgetrede des Herrn Finanzministers, denn das Budget ist ja die in Zahlen gegossene Regierungspolitik. In dieser Budgetrede habe ich zum Thema Gleichstellung, Antidiskriminierung eigentlich gar nichts gehört oder gefunden. Der Herr Finanzminister hat uns die allgemeinen Zahlen und Statistiken betreffend Beschäftigung und Arbeitslosigkeit genannt, aber er hat es peinlich vermieden, zu sagen, wie diese Werte im Detail ausschauen.

Ja, es stimmt: Österreich liegt bei den allgemeinen Werten zur Arbeitslosigkeit im europäischen Vergleich nicht schlecht – es ist auch schon einmal besser gelegen, es hatte schon einmal den Platz eins –, aber wenn wir uns anschauen, wie Einkommen, wie Pensionen auf Frauen und Männer verteilt sind, dann sieht das ganz anders aus. Da liegt Österreich im schlechten europäischen Mittelfeld, nicht auf Platz eins, zwei oder drei. Und das sollte uns zu denken geben. Warum ist es in einem an sich wohlhabenden Land, in dem die Durchschnittswerte gar nicht so schlecht ausschauen, nach wie vor möglich, dass die Kluft zwischen Frauen und Männern ungebremst wächst, immer schneller wächst? Und das offenbar noch mit Duldung und Unterstützung dieser Bundesregierung! (Beifall bei den Grünen.)

Das Gender-Gap – Frau Abgeordnete Bauer, Sie wissen es – wird größer, die Geschwindigkeit, mit der dieses Gender-Gap wächst, beschleunigt sich. Österreich ist immer wieder von der EU gerügt worden, immer wieder ist an uns die Frage herangetragen worden: Was tut ihr gegen Diskriminierungen? – Und die Antwort scheint zu lauten: Wir richten eine Männerabteilung ein.

Wenn wir uns den Bericht der Gleichbehandlungsanwaltschaft anschauen, sehen wir, er spricht eine sehr deutliche Sprache. Die harten, die eklatanten Diskriminierungen von Frauen sind ein Element, das dann dazu führt, dass Frauen ökonomisch systematisch zurückgesetzt werden, dass sie auf bestimmte Funktionen reduziert werden oder dass ihnen die ganze Last aufgebürdet wird: Schau dazu, liebe Frau, wie du die mannigfaltigen Verpflichtungen – Kinder, Haushalt, Sorge für alte, für kranke Angehörige und natürlich den Job – irgendwie unter einen Hut bekommst!

Und wieder ist die Budgetrede des Herrn Finanzministers überaus erhellend, denn das Wort "Frau" oder "Frauen" kommt im Zusammenhang mit der Budgetrede überhaupt nur unter dem Titel des Kinderbetreuungsgeldes vor. Es wird eine in der Regel kurze Phase im Leben einer Frau sein, in der kleine Kinder vorhanden sind – 1,3 Kinder gibt es im Durchschnitt in Österreich pro Frau –, aber diese kurze Phase wird sinnbildlich für ein Frauenleben herausgegriffen. Aber auch da ist die Frau nicht als Frau mit ihren Rechten, sondern als Mitglied der Familie angeführt. Sie ist zuständig dafür, ob die Familie funktioniert oder nicht.

Die Ausgestaltungen dieses Karenzgeldes, die ganz wichtig wären, um in Zukunft Diskriminierungen zu verhindern und zu einer partnerschaftlichen Aufgabenteilung zu kommen, die verschweigen Sie den österreichischen Frauen nachhaltig. Wie sieht es denn aus? Hier und heute hätten Sie Gelegenheit, dem Hohen Haus und der Öffentlichkeit Rede und Antwort zu stehen. Herr Bundesminister, tun Sie es! (Beifall bei den Grünen.)

Würde es danach gehen, dass die Zahl der Kontakte mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft ein Maßstab dafür sein soll, welche Abteilungen innerhalb der Bundesverwaltung einzurichten sind, dann wäre vor allem eine Abteilung sehr angesagt, nämlich eine Abteilung gegen sexuelle Belästigung. Ein Drittel der Erstkontakte mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft basiert auf dem Tatbestand der sexuellen Belästigung.

Wenn hier, Frau Abgeordnete Bauer, harte Worte gebraucht werden, dann ist das mehr als angesagt. Ich zitiere Ihnen eine Passage wörtlich:

"Immer öfter schildern weibliche Lehrlinge im Alter von 14, 15, 16 Jahren, dass sie an ihrem Arbeitsplatz massiven verbalen und auch körperlichen Übergriffen ausgesetzt sind. Die Attacken hinterlassen auf Grund des jugendlichen Alters der Betroffenen gravierende psychische Spuren,


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