Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 175

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19.43

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben heute Gelegenheit, ein weiteres Mal über die Medienbehörde, in welcher Form auch immer sie letztlich beschlossen wird, zu diskutieren. Ich sage gleich resümierend, denn mir bleiben ja nur sieben Minuten: Die Regierung und die Regierungsparteien hatten – und das ist das Ergebnis der Gespräche, auch der Verhandlungen im Verfassungsausschuss – nie die Absicht, wirklich eine regierungsunabhängige Medienbehörde einzurichten. Es gab eigentlich nur zwei Überlegungen. Die eine Überlegung war, ob es eine verdeckt regierungsabhängige Medienbehörde wird, und die zweite war, ob es eine offen regierungsabhängige Medienbehörde wird.

Ich habe schon den Eindruck, auch auf Grund der Diskussion im letzten Verfassungsausschuss – da war die Wortmeldung des Abgeordneten Krüger eine sehr eindeutige, der es ja gar nicht erwarten konnte, einen Nachruf auf die Zweidrittel-Medienbehörde zu verfassen, die, wie wir dachten und wollten, wirklich eine regierungsunabhängige Medienbehörde sein sollte –, dass Sie es gar nicht so weit kommen lassen wollten, dass es im Verfassungsausschuss darüber noch einmal eine Diskussion gibt. Wir haben im Verfassungsausschuss vorgeschlagen: Nehmen wir uns den ganzen Tag dafür Zeit (Abg. Dr. Fekter: Der Kostelka hatte ja keine Zeit!), gehen wir Punkt für Punkt die Materie noch einmal durch, und versuchen wir, doch noch zu einem Konsens zu kommen, damit es eine wirklich regierungsunabhängige Medienbehörde wird!

Das wollten die Vertreter der beiden Regierungsparteien aber nicht. Sie waren auch nicht bereit, den ganzen Tag dafür zu verwenden, um wirklich noch einmal darüber zu verhandeln. (Abg. Dr. Fekter: Der Vorsitzende wollte ja nicht!)

Ich muss zunächst meine Enttäuschung darüber zum Ausdruck bringen, zugleich aber hinzufügen, dass man bei der Diskussion der Zweidrittel-, also der so genannten weisungsungebundenen Medienbehörde nicht bereit gewesen ist, ein Bestellungssystem zu akzeptieren und ein System beim Finden der Entscheidungen in der Medienkommission, in der Infrastrukturkommission, wie sie damals geplant waren, in der Vollversammlung, aber auch bei der Berufungsinstanz so zu gestalten, dass die Oppositionsparteien in diesen Gremien maßgeblich mitentscheiden können und nicht wie "Balkon-Muppets" irgendwo zwei Plätze bekommen und zuschauen dürfen, und den Rest machen die Regierungsparteien, sprich die Regierung, sondern dass sie wirklich mitentscheiden können. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Dass Sie die sizilianische Vendetta gegenüber allem, was sozialdemokratisch ist, entwickeln wollen, wissen wir ohnedies. Das ist im Verfassungsausschuss sogar offen gesagt worden! Es ist ja gesagt worden: Wir werden euch alles lassen, aber eines sicherlich nicht: mitentscheiden lassen! (Abg. Dr. Grollitsch: Da habt ihr ja Erfahrung!) Dies mit dem Hinweis darauf, dass Sie nie mitentscheiden durften. Also Rache war das Motiv bei Ihnen von den Freiheitlichen.

Bei der ÖVP ist das Motiv auch ganz klar gewesen: Es gibt keine Mitentscheidung der Oppositionsparteien in der Medienbehörde. Und damit ist diese per definitionem immer, bei allen Verhandlungen und Gesprächen, eine regierungsabhängige Medienbehörde. Da können Sie machen, was Sie wollen. Da können Sie jetzt gleich kommen, egal, welcher Nachredner das auch immer sein wird, und sagen, ja, aber sie ist ja weisungsungebunden, Verfassungsbestimmung und so weiter. Kommen Sie mir nicht damit! Im Endeffekt ist die Bestellungsform so geplant gewesen und sind die Entscheidungsprozesse und die Quoren so geplant gewesen, dass immer nur die Regierungsparteien letztendlich die Mehrheit haben und daher bestimmen, vor allem in der Berufungsinstanz, das muss man dazusagen.

Jetzt haben Sie die Maske vom Gesicht genommen, und zwar bei der einfachgesetzlichen Materie, die wir heute zu beschließen haben. Einmal abgesehen davon, dass da gleich zwei Geschäftsführer eingerichtet werden, damit es einen Schwarzen im Bundeskanzleramt und einen Blauen im Infrastrukturministerium geben kann – wir haben ohnehin erwartet, dass das so kommen wird –, ist die Berufungsinstanz ganz besonders wichtig, weil all das, was in der Medienkommission und in der Infrastrukturkommission auf Rekurs geht, dann in der Berufungsinstanz landen wird, die richterähnlich sein wird. Da wird es einen Vorschlag geben, den die Regierung


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