Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 149

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Zweitens: Wenn man Schulden abbauen will – dies ist ja durchaus angebracht, nicht zuletzt angesichts dieser Konjunkturlage –, dann sollte man auch darüber sprechen, wie man abbaut und wie man die Chance nutzt, eine Generalreform zu konzipieren. Darüber ist mir zu wenig gesprochen worden, und zwar in mehrerlei Hinsicht.

Aber ich muss zum Bereich Schuldenabbau, zum Bereich Nulldefizit noch etwas einfügen. Herr Staatssekretär! Es gibt zwei sehr tönerne Beine. Sie wissen das fachlich noch besser als ich. Erstens: Es ist nicht sicher, ob die 30 Milliarden Schilling Einnahmen durch den Verkauf der Bundesimmobilien an die BIG jetzt wirklich von EUROSTAT genehmigt werden. Darüber gibt es in 14 Tagen eine Besprechung in Brüssel. In 14 Tagen wird das dann noch einmal bewertet werden. – Das ist das eine tönerne Bein.

Zweitens: Das andere tönerne Bein sind die 30 Milliarden Schilling – das ist ja nicht wenig –, die Sie für den Verkauf der Bundeswohnungen budgetiert haben. Dieser Verkauf geht sicherlich auch nicht so rasch über die Runden, und es ist nicht gesichert, dass er den Ertrag, den Sie budgetiert haben, auch wirklich einfährt.

Es gibt also 60 Milliarden Schilling – das ist nicht wenig –, die Ihnen trotz Ihrer verschiedenen Anstrengungen eventuell zum Nulldefizit fehlen könnten. Sie haben also durchaus einen riskanten Weg beschritten, und ich bin schon sehr neugierig auf das Ergebnis.

Doch zurück zur Ausgangsfrage: Wozu nützen wir jetzt die Chancen und die Möglichkeiten, wenn wir schon eine Generalreform, wenn wir schon einen Kassasturz machen? In welche Richtung soll er gehen?

Bei dieser Generalreform haben Sie einfach zu kurz gegriffen. Meines Erachtens hätten Sie die Chance einer verantwortungspolitisch sehr wichtigen Finanzreform auch in die Richtung weitertreiben sollen, dass Sie einmal die Grundsteuer thematisieren, dass Sie die Vermögensteuer thematisieren, dass Sie bei der Stiftungssteuer stärker einschneiden. – Das war auf Grund gesellschaftspolitischer Dispositionen bei Ihnen nicht der Fall, und das ist auch immer wieder unsere Generalkritik.

Und weil Sie, Herr Präsident Prinzhorn (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn blättert in schriftlichen Unterlagen), gerade den Vorsitz führen und in Ihre Schriften anscheinend sehr vertieft sind, darf ich auf etwas Weiteres hinweisen, über das nicht debattiert worden ist, obwohl Sie es immer wieder in den Raum stellen. Zu wenig debattiert wurde meiner Ansicht nach über Privatisierung, über Ausgliederungen und über die Kernaufgaben des Staates.

Das sind Sie uns schuldig geblieben. Immer wieder stellen Sie in den Raum, wir müssen privatisieren, und zwar aus den verschiedensten Gründen. Ich gehe gerne auf diese Debatte ein. Es gibt vielleicht in der Privatwirtschaft ein Modell, qualifiziertere Führungskräfte auszuwählen oder Führungskräfte mit besseren Instrumentarien auszustatten als in öffentlichen Betrieben. Das gibt es vielleicht, und darüber kann man ja durchaus reden. Aber die eigentliche Diskussion, Herr Prinzhorn, verweigern Sie und untersagen Sie, und zwar die Diskussion über die Kernaufgaben des Staates!

Da gilt es, verstärkt einzuhaken, denn das ist auch eine zutiefst budgetpolitische Frage. Bei Ihnen heißt es: Privatisieren und ausgliedern, ohne Wenn und Aber. Die Sinnfrage wird nicht gestellt, obwohl es sehr wichtig wäre, sie zu stellen.

Ich vermisse dabei vor allem die Diskussion um die Neuorganisation der Verwaltung des Staates. Auch bei Ihrem Modell, Herr Prinzhorn oder Herr Präsident, brauchen wir einen Staat. Und wie soll dieser seine Verwaltung organisieren?

Auf Gemeindeebene gibt es die Diskussion über "New Public Management", auf Bundesebene geht McKinsey ein und aus – oder Andersen oder andere private Firmen –, aber die Ansatzpunkte, die von der Verwaltung selbst kommen könnten, werden nicht wahrgenommen.


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