Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 60. Sitzung / Seite 47

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Herr Staatssekretär! Sie haben gesagt, es geht Ihnen um die Menschen. Wenn man Ihre Maßnahmen verfolgt, wenn man bedenkt, auf welche Auswirkungen wir Sie seit Beginn dieser Diskussion schon aufmerksam gemacht haben, dann kann es Ihnen nicht um die Menschen gehen. Die Menschen glauben es Ihnen aber auch nicht, denn sie spüren tagtäglich, dass Sie eine Politik gegen die Menschen machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich bin dankbar dafür, dass die heutige Sondersitzung im Fernsehen übertragen wird. Die Zuschauerinnen und Zuschauer haben nämlich wirklich Gelegenheit, sich über das Sittenbild dieser Regierung ein Urteil zu bilden, ein Sittenbild, bei dem die Bundesregierung betonen muss, dass auch Sie, Herr Bundesminister – das ist schon sehr erschreckend, denn das müsste nämlich eine Selbstverständlichkeit in unserer Demokratie sein –, ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes akzeptieren. Ich denke mir, das ist ein Sittenbild, über das sich die Bevölkerung selbst ihr Urteil bildet, es ist aber typisch für diese Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nicht nur, dass demokratische Grundrechte in Frage gestellt werden: Im Sozialbereich geht diese Bundesregierung mit einer Brutalität und Menschenverachtung vor, die vor ein paar Monaten in unserem Staat unvorstellbar gewesen wären. (Abg. Böhacker: Stell dir vor!) – Sie können sich ruhig darüber lustig machen, Sie sind wahrscheinlich nicht davon betroffen. Sie haben ja genug Einkommen, dass Sie in dieser Klassengesellschaft, die Sie anstreben, auch gut leben können. (Beifall bei der SPÖ.)

Nulldefizit, meine Damen und Herren, als Feigenblatt für einen radikalen Sozialabbau. – Die Menschen durchschauen das aber. Sie spüren es nämlich tagtäglich im Geldtaschl, dass ihnen das Geld durch Ihre Politik entzogen wird. Ausräumen und Abräumen – das ist das Motto Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ich bin aufgeregt. Es berührt mich emotional. Ich habe ein Enkelkind, das drei Jahre alt wird. Nehmen wir an, dieses Enkelkind ist bei einer Tagesmutter, fällt von einer Schaukel und blutet. Was wird die Tagesmutter machen? – Sie wird in die Ambulanz fahren, oder? (Abg. Donabauer: Hoffentlich! – Abg. Dr. Povysil: Zum Kinderarzt kann sie auch fahren!) – Dort werden sie hoffentlich feststellen, dass das Kind nur eine Platzwunde hat, und alle werden erleichtert sein. Mich wird es nicht treffen, denn 250 S Ambulanzgebühren kann ich locker zahlen. Aber was ist mit der Mutter, mit der Alleinerzieherin, die das nicht zahlen kann? – Das ist Ihre Menschenverachtung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Miedl: Das ist ein Unfall! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Noch etwas anderes: Sie sagen, wir verunsichern. Verunsichert sind die Menschen. Keiner weiß, ob er von den Ambulanzgebühren betroffen ist oder nicht. (Abg. Dr. Rasinger: Haben Sie schon einmal von einem Hausarzt gehört?)

Noch etwas: Die Verteilungswirkung, die Sie damit behauptet haben, erfolgt nicht. Was ist jetzt? – Die Ambulanzen sind am Abend gefüllt, nicht über den ganzen Tag verteilt, sondern am Abend treffen sich die Menschen, weil sie dann hoffen, nicht von diesen Ambulanzgebühren erfasst zu werden. (Abg. Wurmitzer: Haben Sie in Graz keinen Hausarzt?)  – Das, meine Damen und Herren, sagen Ihnen alle. Es sagen Ihnen die ÖVP-Landesräte, es sagen Ihnen alle anderen Leute, es sagen die Ärzte. Jeder sagt Ihnen, dass das ein Unsinn ist. Nur Sie sind offensichtlich die einzigen, die nicht besserungsfähig sind. (Abg. Dr. Pumberger: Haben Sie das Gesetz gelesen? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Häupl auch! Herr Häupl will es auch haben!)

Herr Bundesminister! Sie kassieren 250 S für die Ambulanzgebühr, für die Behandlung eines Kleinkindes, und Sie genieren sich nicht. Zugleich ziehen Sie bei sich, in Ihrem Umfeld ein Privilegienparadies auf. Das ist menschenverachtend, und das erkennen die Menschen auch zunehmend.

Zur Unfallrentenbesteuerung, meine Damen und Herren. Wenn man einen Autoschaden hat, wird er einem ersetzt, und man braucht dafür keine Steuern zu zahlen. Wenn ich eine Hand, einen Fuß verliere, bekomme ich eine Unfallrente – nicht als Ersatz, denn die Hand, das Bein


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