Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 35

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Es stünde dieser Bundesregierung und auch dem Bundeskanzler gut an, sich nicht nur zu verschweigen, wenn jemand antisemitische Hetzparolen ins Land bringt, sondern klar zu sagen, diese Musik spielt es nicht in diesem Land! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie können noch so sehr von einem Nulldefizit und von Ihrem Traum sprechen – wenn das Nulldefizit, das Sie haben wollen, meine Damen und Herren, verbunden ist mit und begleitet ist von Ausgrenzung, von Abbau von Bildung, von fehlenden Vorstellungen über eine Zukunft, in der alle – ich betone: alle! – ein Recht haben, in dieser Gesellschaft ihre Rechte durchzusetzen, ist das schlecht. Erst wenn Sie diese Vorstellung einer Gesellschaft mit gleichen Rechten für alle, egal, welcher Hautfarbe, egal, welchen religiösen Bekenntnisses, egal, ob Inländer oder Ausländer, mit uns teilen, dann dürfen Sie, Herr Finanzminister, Martin Luther King wieder zitieren. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Das Nulldefizit von heute ist auch verbunden – und das ist das Problem – mit der fehlenden Infrastruktur von morgen. Ja, ziehen wir eine Bilanz nach diesen Monaten einer schwarz-blauen, blau-schwarzen Bundesregierung. Was haben wir denn bis jetzt von Ihnen erhalten? Was haben wir erhalten? – Gesetze, die uns der Verfassungsgerichtshof zu Recht zurückwirft. Wir haben in vielen Bereichen höhere Strafdrohungen und eine Senkung der Strafaltersgrenzen erhalten, wir haben von Ihnen eine Spitzelaffäre erhalten, die Sie wieder vertuschen wollen. Wir haben von Ihnen in diesen Monaten die Ankündigung erhalten: Rein in die NATO, so schnell es nur irgend geht. Wir haben von Ihnen ein relativ klares Bekenntnis erhalten, dass Ihnen die Bildung und die Forschung auch in Zukunft nicht sehr viel wert sind.

Meine Damen und Herren! Wenn das Nulldefizit von heute verbunden ist mit der fehlenden Infrastruktur von morgen, dann erinnert mich das nicht nur wegen der Rede von Martin Luther King an die USA, sondern auch deshalb, weil dort am drastischsten die Parallelen zu Ihrer Politik zu finden sind: die fehlende Infrastruktur vom morgen. Ja, es war der Vater des gegenwärtigen US-Präsidenten, der mit seinem "Read my lips!" zu den Steuern, zu den Steuererhöhungen ein falsches Versprechen abgegeben hat.

Ja, es waren diese Jahre einer republikanischen Regierung in den USA, die mit dem erklärten Ziel angetreten ist, die Steuern der Reichen zu senken, die Reichen zu entlasten: das erinnert uns an Ihre Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.) Das erinnert uns tatsächlich an Ihre Politik. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Wenn man sich in den USA ansieht, wie dort nicht nur ein Bildungssystem in den Sand geführt wurde, sondern wie dort auch eine Infrastruktur in den Sand geführt wurde, wie dort die Straßen devastiert sind, wie dort das Verkehrssystem devastiert ist (Abg. Dr. Fekter: Arbeitsplätze wurden geschaffen!)  – aber eines funktioniert dort noch: das sind die Gefängnisse, die ausgebaut worden sind –, dann erinnert das an die Debatten der letzten Tage, die wir hier in diesem Haus geführt haben. Wenn das Ihr Traum einer besseren Gesellschaft ist, nämlich dass Sie die Strafen erhöhen, dass Sie die Strafaltersgrenzen für Jugendliche senken, dann hat das viel mit dem, was in der real existierenden Politik in den USA aufgeführt wird, gemeinsam.

Aber ich erinnere Sie daran, Herr Finanzminister: In den USA haben im Unterschied zu Österreich offensichtlich die Milliardäre noch so viel soziales Gewissen, dass sie von der neuen Regierung Bush eingefordert haben, die Steuern nicht zu senken. Sie haben gesagt: Wir sind nicht einverstanden damit, Herr Bush, dass Sie die Steuern für uns Milliardäre senken wollen. Wir wollen Steuern zahlen, weil wir ein Land wollen, in dem es sich lohnt zu leben, in dem soziale Integration existiert und nicht soziale Ausgrenzung. (Beifall bei den Grünen.)

Ich hätte mir eine Erklärung dieser Bundesregierung anlässlich des Budgets gewünscht, in der man nicht nur stolz darauf ist, dass man eine Null schafft, sondern in der man stolz erklärt, dass dieses Land Österreich auch stolz auf seine Menschenrechte ist, auch stolz sein kann auf seine sozialen Rechte und auch stolz darauf ist, dass es seinen Jugendlichen im Bildungssystem eine gute Zukunft gibt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Genau das tun wir!)

Was machen Sie, meine Damen und Herren? – Sie führen wieder eine Schulordnung ein. Sie wollen die Schüler wieder disziplinieren, die Klassenschülerhöchstzahl hinaufsetzen und die


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