Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 139

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Frau Bundesministerin! Wir haben aber nicht den Eindruck, dass es da eine gemeinsame und vor allem eine einheitliche Linie der Regierungsparteien oder der Regierung gibt und dass die Regierung dieser Konzeption auch folgt. Ich denke, dass das aber eine der wesentlichsten Voraussetzungen für eine Partnerschaft wäre, nämlich dass sich die Partner, um die es da geht, auf ein Verhältnis einlassen können, das eindeutig ist und bei dem nicht jeden Tag irgendein anderes Signal zu hören ist.

Frau Bundesministerin! Auch wir treten dafür ein, dass österreichische Unternehmen ihre Anstrengungen nochmals steigern; sie haben schon einige Anstrengungen in die Richtung unternommen, sich in den Erweiterungsländern zu engagieren. Wir treten dafür ein, dass die Bundesregierung solche Bemühungen österreichischer Unternehmen unterstützt.

Wir wollen florierende Wirtschaftsentwicklungen bei unseren Nachbarn, weil das im Interesse Österreichs liegt. Wir wollen, nicht nur, aber auch, mehr Produkte in diese Länder exportieren, aber vor allem wünschen wir uns politische und wirtschaftliche Verhältnisse in den Erweiterungsländern, die deren Bürgern Hoffnung geben, Perspektiven für ihre Entwicklung geben, denn das ist die beste Voraussetzung dafür, dass hier niemand fürchten muss, es könnten zu viele Menschen aus den Kandidatenländern zu uns kommen und hier arbeiten wollen, wenn die EU erweitert wird.

Frau Bundesministerin! Wir wissen aber nicht, ob das auch die Sicht der gesamten Bundesregierung ist. Das ist das Problem, das wir als Opposition hier sehen. Vor allem wissen aber unsere Nachbarn nicht, ob das die Position der Bundesregierung ist. (Abg. Dr. Khol: Bei der Bundesregierung ist es klar! Aber bei der Gewerkschaft ist es schon etwas unklarer!) Und diese Länder sollen nun bereit sein, Herr Abgeordneter Khol, mit Österreich eine besondere Partnerschaft, nämlich eine Strategische Partnerschaft, wie Sie sie nennen, einzugehen, ohne dass diese Verhältnisse geklärt werden?

Frau Bundesministerin! Auch wir treten dafür ein, um ein weiteres Beispiel zu nennen, dass Fragen der Aufarbeitung der verhängnisvollen Vergangenheit des Nationalsozialismus, des Zweiten Weltkrieges und all der Gräuel und Folgen dieser Zeit bilateral und in aller Ruhe besprochen werden. Auch wir wollen, dass jede Form der Vertreibung von Zivilbevölkerungen als das anerkannt und eingeschätzt wird, was es ist: ein Unrecht und ein Verstoß gegen die Regeln der Menschenrechte. Und wir wollen, dass diese Vertreibungen keine noch weiter reichenden Unrechtsfolgen zeitigen.

Wir wollen weiters nicht den heute lebenden Menschen Vorwürfe für eine Vergangenheit machen, die sie nicht zu verantworten haben, denn unter diesen Bedingungen hätten auch wir Vorwürfe zu gewärtigen, vielfach gewichtigere, die sich auf die Zeit davor beziehen. Wir wollen die Geschichte nicht umkehren, wir wollen aber Probleme, die daraus übrig geblieben sind, lösen, und zwar in aller Ruhe, in aller Behutsamkeit und mit aller Zähigkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol  – in Richtung der Grünen –: Nicht uninteressant!)

Aber, Frau Bundesministerin, wir haben nicht immer den Eindruck, dass auch beide Regierungsparteien das so sehen. Das ist das Problem, das man beim Namen nennen muss.

Frau Bundesministerin! Von Ihnen als Außenministerin hätten wir erwartet, dass Sie zunächst versuchen, diese und weitere – in der Kürze der Zeit, die mir für diese Rede bleibt, nicht mehr anführbare – Mindestbedingungen zu erfüllen. Das ist eine Aufgabe, die Sie in der Regierung zu erfüllen haben, und es ist eine Aufgabe, die Sie still und leise und mit Hilfe der Diplomaten und Diplomatinnen des Außenamtes gegenüber den Kandidatenländern zu erfüllen haben.

Partner, also Länder, die man als Partner haben will, müssen wissen, worauf sie sich einlassen. Und da gilt: Vertrauen braucht Zuverlässigkeit – unsere Zuverlässigkeit! – und Zeit. Das kommt nicht über Nacht. In dieser Hinsicht, Frau Bundesministerin, sehen wir also durchaus Aufgaben, und wir sehen dabei auch Aufgaben, bei denen wir Sie gerne unterstützen, aber, ich sage es deutlich, das sind zunächst vor allem Aufgaben im bilateralen Bereich.


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