Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 28

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zu etwas anderem, nämlich zum Verfassungsgerichtshof: Mit Recht wurde da vom Kärntner Landeshauptmann massive Kritik geübt. Man kann zum Verfassungsgerichtshof stehen, wie man will: Ich schätze die Arbeit, die dort gemacht wird, auch wenn sie derzeit gegen die Regierungsparteien ist. Das sei einmal vorausgeschickt. Aber es ist ganz einfach untragbar, dass eine Entscheidung, die erst im Konzept feststeht, die noch nicht im Plenum entschieden ist, die noch nicht unterfertigt ist, durch eine gezielte Indiskretion des Verfassungsgerichtshofes, "zufälligerweise" drei Tage vor der Wiener Wahl an die Öffentlichkeit gebracht wird! Wenn der Verfassungsgerichtshof eine derartige Vorgangsweise einreißen lässt, dann muss er sich auch gefallen lassen, dass er sich des Vorwurfes der politischen Instrumentalisierung aussetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Kollegen Jarolim: Kollege Jarolim beanstandet, dass der Justizminister dem Staatsanwalt keine Weisung gegeben hat, die so genannte "Spitzelaffäre" im Stadium der Voruntersuchung dem Untersuchungsrichter zu übertragen. Ich darf dazu Folgendes sagen, Kollege Jarolim: Die Strafprozessordnung gilt für jeden Österreicher, egal ob er ein freiheitlicher Funktionär ist oder nicht. Die Strafprozessordnung ist vom Anklageprinzip beherrscht und nicht vom Prinzip, dass der Richter über eine Anklageerhebung entscheidet. Man kann von einem Justizminister nicht verlangen, dass die Strafprozessordnung zwar generell für alle gleich anzuwenden ist, für freiheitliche Funktionäre aber in anderer Form.

Eine besondere Inkongruenz in Ihrer Argumentation ist daraus ableitbar, dass Sie am Anfang gewettert haben, der Justizminister dürfe in der Spitzelaffäre keine Weisung geben, jetzt wollen Sie aber eine Weisung! Kollege Jarolim! Sie wissen nicht, was Sie wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Weil er sich nicht auskennt!)

Meine Damen und Herren! Der Justizminister hat von einer Beschleunigung der Verfahren gesprochen. Die Zivilprozessnovelle steht jetzt im Hohen Haus zur Debatte. Ich begrüße dieses Gesetzesvorhaben ganz außerordentlich, ich glaube, es ist ein ganz wesentlicher Schritt in Richtung einer Beschleunigung der Verfahren. Es ist nämlich nicht so, wie der frühere Justizminister Michalek, den ich im Übrigen als Juristen ganz außerordentlich schätze, immer wieder gesagt hat, nämlich dass die Verfahren ohnedies in Kürze abgewickelt werden. Natürlich: 90 Prozent der Verfahren werden mit einem rechtskräftigen Zahlungsbefehl oder mit einem Versäumungsurteil abgeschlossen. Aber was nützt es dem Einzelnen, der oft vier, fünf oder sechs Jahre braucht, bis es im Zivilprozess zu einem Urteil kommt, wenn möglicherweise sein Haus versteigert wird, weil eine Forderung nicht einbringlich gemacht wird? Daher begrüße ich dieses Vorhaben ganz außerordentlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was den Kollegen Jarolim angeht, ist es für mich unverständlich, dass er als Anwalt sagt, der Widerspruch gegen einen Zahlungsbefehl wird abgeschafft. – Bitte, Kollege Jarolim, wie lange ist es her, dass du einen Zahlungsbefehl erwirkt hast? Wahrscheinlich machen das deine Kanzleikräfte. Gegen einen Zahlungsbefehl hat es nie einen Widerspruch gegeben. Da gibt es eben keinen Widerspruch! (Abg. Neudeck: Der muss beim Stuhlpfarrer kämpfen!) Auch die angedachte Eventualmaxime ist in Wirklichkeit keine Eventualmaxime, sondern nur ein Versuch einer Verfahrensbeschleunigung, weil sich der Anwalt dann zu rechtfertigen hat – wieso hat er dieses Vorbringen dann nicht schon früher erstattet?

Auch das ist ein richtiger Schritt wie auch die Einführung der vorbereitenden Tagsatzung. Momentan ist die Beweisbeschlusstagsatzung eine Farce. Das ist eine bequeme Angelegenheit für den Anwalt und das Gericht, gebe ich zu. Das ist aber nicht der Sinn einer Tagsatzung vor Gericht. Daher schätze ich es ganz außerordentlich, dass die vorbereitende Tagsatzung in Richtung eines vorgezogenen High Noon gehen soll, wobei auch eine informierte Person anzutreten hat und Rede und Antwort zu stehen hat, ob möglicherweise Prozesse bereits in diesem frühen Stadium zum Wohle aller, zum Wohle des Budgets, zu ihrem eigenen Wohl und zum Wohle des Rechtsstaates beendet werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

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