Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 94

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Sie einmal mit den katholischen Kollegen in Portugal, um zu erfahren, wie es dort ist! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich glaube, es gibt größere Probleme in Österreich!)

Aber nicht nur das. Es gibt auch in Österreich fortschrittliche Leute innerhalb der ÖVP, wie das Beispiel vor zwei Wochen im steirischen Landtag zeigt. Ich habe das schon letzte Woche erwähnt. Frau Ridi Steibl hat dann gemeint, sie lässt sich von den Steirern nichts anschaffen. Schade! (Abg. Steibl: Ich habe gesagt, von den Grünen!) Von den Grünen nicht! Aber Ihre Kollegen von der ÖVP haben im steirischen Landtag einem Antrag zur Gleichstellung von lesbischen und schwulen Lebensgemeinschaften zugestimmt, vor allem im Miet- und Arbeitsrecht (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ), und ich habe Sie gefragt, ob Sie denn jetzt dem, was Ihre steirischen Kolleginnen und Kollegen wollen, endlich folgen werden und auch hier einen Antrag einbringen. Leider haben wir den noch nicht gesehen. Vielleicht tun Sie das noch einmal.

Auch im Salzburger Landtag wird derzeit über eine Gleichstellung verhandelt. (Demonstrativer Beifall des Abg. Schwemlein. ) Die ÖVP meint da immer noch, ein Schwerpunkt ist die Familienpolitik, in der Wohnbauförderung zum Beispiel. Aber letzte Woche haben auch Sie dem Familienbericht zugestimmt, und da steht drinnen, dass es auch lesbische und schwule Lebensgemeinschaften mit Kindern gibt, die auch als Familien gelten. Warum tun Sie nicht endlich das, dem Sie selbst zustimmen, und gehen hier auf eine Gleichstellung ein? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Anhaltende Unruhe im Saal.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine Sekunde, Frau Abgeordnete! – Erstens bitte ich den Kollegen Kummerer, kein Handy im Sitzungssaal zu verwenden. Zweitens herrscht ein zu hoher Hintergrundgeräuschpegel, den sollte man ein bisschen leiser halten. Es kommen alle vier Fraktionen dran. Jeder Redner wird zufrieden sein, wenn er sich verständlich machen kann.

Bitte, setzen Sie fort, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Ich behaupte, die noch nicht erfolgte ersatzlose Streichung des § 209 StGB ist ein großes Hindernis dafür, dass wir endlich auf die anderen Themen eingehen können, dass wir endlich in Österreich auf Themen eingehen, die insgesamt zu einer Gleichstellung von Lesben und Schwulen führen. Aber Sie sind noch nicht so weit.

Liebe Kollegen und Kolleginnen von den Regierungsfraktionen! Was werden Sie denn dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte antworten? Dort gibt es nämlich seit 1998 und 1999 drei Beschwerdefälle von in Österreich nach § 209 Verurteilten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die österreichische Regierung jetzt aufgefordert, bis Ende April – das ist in knapp einem Monat – kundzutun, warum denn in Österreich 14- bis 18-jährige männliche Jugendliche für gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen mit bis zu fünf Jahren bestraft werden können, während heterosexuelle und lesbische Kontakte mit derselben Altersgruppe völlig straffrei sind.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte will das von Österreich wissen. Bisher gibt es noch keine Antwort darauf, und ich bin neugierig, welche Antwort Sie geben werden. Werden Sie sagen, das ist in Österreich immer schon so gewesen, deswegen machen wir es weiter so? Werden Sie alle diese Theorien, die widerlegt sind, vertreten, dass da eine Prägung stattfindet oder dass das eben nicht normal ist und so weiter? Werden Sie das vielleicht behaupten? Oder was werden Sie sagen? Darauf bin ich sehr neugierig.

Neugierig bin ich vor allem auch im Hinblick darauf, was zum Beispiel einer Ihrer Kollegen von den Regierungsfraktionen, Herr Abgeordneter Mainoni, heute hier und auch bei einer Diskussion im Wiener Wahlkampf, eingeladen von der Homosexuellen Initiative Wien, gesagt hat. Er hat sinngemäß gemeint – ich habe es nicht mehr genau im Ohr –, dass dieser § 209 StGB wirklich ersatzlos gestrichen gehört, dass das eine wahnwitzige Vorstellung ist, Männer für schwule Kontakte mit zwischen 14- und 18-Jährigen stärker zu bestrafen oder überhaupt zu bestrafen, während das andere nicht betrifft. – Ich hoffe sehr, dass Sie sich hier gegenüber den Kollegen und Kolleginnen der ÖVP durchsetzen.


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