Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 151

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Herr Minister Strasser, damit Sie das nächste Mal nicht sagen können, das habe ich ja alles nicht gewusst, sage ich Ihnen einmal, was beim Zivildienst los ist. Die Zivildienstnovelle, die es seit 1. Jänner 2001 gibt, ist der größte Anschlag auf Zivildiener, seit es überhaupt den Zivildienst gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es ist die totale Unterwanderung des Gesetzes, in dem es heißt, der Zivildienst ist ein Wehrersatzdienst, ein Alternativdienst zum Präsenzdienst. – Herr Minister! Das ist es nicht mehr, sondern der Zivildienst ist einzig und allein eine reine Überlebensfrage für den Einzelnen. Heute geht es, Herr Minister, nur mehr darum: Kann ich es mir leisten? – Sie natürlich schon, keine Frage! Aber kann es sich ein Zivildiener leisten, dass er Schulden macht, um Zivildienst machen zu können? Hat der Zivildiener unter Umständen ein soziales Netz? (Abg. Dr. Pumberger steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Dr. Strasser.) Herr Pumberger, bitte lassen Sie den Herrn Minister in Ruhe! Ich möchte von ihm nie mehr hören: Ich habe es nicht gewusst! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn heute ein junger Mann kein soziales Netz, keine Familie hat, die ihn zwölf Monate ernährt, dann kann er keinen Zivildienst machen, weil er sich das ganz einfach nicht leisten kann. Sie, Herr Minister, wissen noch viel besser als ich, dass sich kein Mensch um 80 S – und die erhält ein Großteil der Zivildiener für das Essen pro Tag – Essen für einen Tag kaufen kann. Fragen Sie doch Ihren Kollegen Puttinger, der selbst Gastronom ist, was bei ihm drei Mahlzeiten kosten! Herr Puttinger! Wenn Sie drei Mahlzeiten um 80 S anbieten können, dann sollen ab morgen alle Zivildiener in Salzburg zu Ihnen essen kommen. Dann sind Sie nämlich der einzige Gastronom, der dies zuwege bringt – und dafür können Sie berühmt werden! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber, Herr Minister Strasser, Sie wollen gar nicht wissen, wie es den Zivildienern geht, Sie wollen es gar nicht wissen! Ich bin so stolz, dass heute der erste Zivildiener eine Klage eingebracht hat. Ich bin ganz stolz darauf, dass sich die Zivildiener nicht weiterhin irgendwie durchschlagen, Schulden machen, Familien belasten, sondern dass sie sich zur Wehr setzen. Alle Zivildiener haben meine hundertprozentige Unterstützung. Ich bin froh, Herr Minister, dass Sie endlich, nachdem jetzt diese Klage eingereicht worden ist, nicht mehr sagen können: Ich habe es ja nicht gewusst! – Sie wissen alles, Herr Minister, Sie wollen es allerdings nicht wissen. Sie wollen anscheinend auch nicht mehr wissen, dass Sie selbst einmal Zivildiener waren. Herr Minister! Damals, als Sie Zivildienst gemacht haben, ist mehr an Essenspauschale pro Tag ausbezahlt worden als 50, 80 S. Sagen Sie nicht nein! Schauen Sie sich das Zivildienstgesetz an, nach dem Sie Zivildienst gemacht haben, und dann werden Sie sehen, dass es damals anders war. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Wenn Sie sagen, die Einrichtungen müssen jetzt verpflegen, dann muss ich dem entgegenhalten: Die Einrichtungen können nicht verpflegen! Eine Einrichtung, die heute drei, vier Zivildiener hat, kann keine Küche aufbauen, kann keine Köchin anstellen und kann nicht dreimal am Tag Zivildiener verpflegen. Das geht ganz einfach nicht. Wenn Sie, Herr Minister, bereit sind, die Köchinnen und die Küchen zu finanzieren, dann könnte es gehen, aber davon habe ich von Ihnen noch nie ein Wort gehört! Geben Sie den Zivildienern zu essen! Zivildiener sind Staatsdiener und haben ein Recht darauf, dass sie dreimal am Tag ordentlich essen können. Wenn sie das nicht können, wie es derzeit der Fall ist, dann ist dafür keine einzige Einrichtung verantwortlich, sondern Sie und nur Sie, Herr Minister Strasser! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Minister Strasser, nur um Ihnen zu zeigen, was Sie reden und was Sache ist: Sie sagen, wie gut es den Zivildienern geht. Heute haben Sie erzählt, wie super es den Polizisten geht, was Sie nicht alles für die Polizisten tun und welche Verbesserungen Sie erreicht haben. – Das stimmt ganz einfach nicht!

Wenn heute ein Polizist krank wird, dann lassen Sie ihn fallen wie eine heiße Kartoffel. So ist es. Wenn er länger als sechs Monate krank ist, werden ihm 30 Prozent seines Einkommens abgezogen.


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