Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 68. Sitzung / Seite 75

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(Abg. Mag. Schweitzer: Umblättern!) Ich unterstelle Ihnen, Sie sind gar nicht mehr in der Lage, die Probleme und Sorgen der "kleinen Menschen" zu erkennen. Sie sind von der Basis schon so weit entfernt. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun Folgendes an die Adresse der ÖVP: Sie wollen sich christlich-soziale Partei nennen. Weder das Wort "christlich" und schon gar nicht das Wort "sozial" dürfen Sie auf Grund dieser Belastungen der Bevölkerung für sich in Anspruch nehmen. Wenn nun von Seiten der Bundesregierung, vor allem von der FPÖ-Fraktion davon gesprochen wird, dass Härtefälle von der unsozialen Besteuerung der Unfallrente ausgenommen werden sollen, dann möchte ich schon die Frage stellen: Beginnt bei Ihnen nun nach den neuesten Aussagen ein Härtefall zum Beispiel bei 20 000 S, oder hängt dies auch vom Grad der körperlichen Einschränkung, wie bereits erwähnt, ab?

Ich möchte zwei Beispiele anführen. Ein gewisser Herr Kurt Aumayr schrieb:

Betrifft: Kürzung meiner Unfallrente. – Ich wurde im Fahrzeugbau als Werkmeister angestellt, Spezialgebiet Fahrzeugmusterbau und Arbeitsvorbereitung. Bezahlung: Fixum und Gewinnbeteiligung. Nach einem Jahr wurde ich wegen Beeinträchtigung meiner vollen Arbeitskraft durch den Verlust meiner vier Finger an der rechten Hand von der Gewinnbeteiligung ausgeschlossen, mit der Bemerkung: Sie sind nicht mehr hundertprozentig einsatzfähig, aber beziehen dafür eine Unfallrente.

Nach Aussage von Herrn Peter Westenthaler, FPÖ, werden Besserverdienende mit der Rentenkürzung bestraft. Die Ironie dabei ist, dass ich als Alleinverdiener mit einer monatlichen Pension von 14 912,50 S zu den Besserverdienern zähle. Da ich durch meine geminderte Arbeitsfähigkeit weniger verdiene, sehe ich die Unfallrente – 5 284,40 S – als Aufrechterhaltung meines ohnehin bescheidenen Lebensstandards. Auf Grund meiner fachlichen Ausbildung und Erfahrung im Fahrzeugbau wäre ich ein Besserverdiener, wenn ich nicht den Arbeitsunfall gehabt hätte. Durch die Unfallrentenbesteuerung bekomme ich monatlich um 2 023 S weniger Unfallrente.

Fall zwei: Ein 50-jähriger Meisterkollege fährt mit dem Fahrrad von Trofaiach nach Donawitz und wird von einem Auto niedergefahren. Er erleidet schwerste Kopfverletzungen. Es ist nur der Kunst der Ärzte zu verdanken, dass er diesen tragischen Unfall überhaupt überlebt. Sein Kopf musste angebohrt werden, und dabei traten 2 Zentimeter seines Gehirnes heraus, welche entfernt werden mussten.

Nach einem langen Krankenhausaufenthalt folgte ein Jahr Rehab in Meidling. Dabei möchte ich besonders hervorheben, dass ihn seine Gattin täglich besuchte und auch täglich die Strapazen von fast 400 Kilometer An- und Rückreise in Kauf nahm. Leider ist mein Kollege ein Pflegefall geblieben. Ein geregeltes Familienleben ist somit nicht möglich. Sein Einkommen hätte sich auf Grund seiner Fähigkeiten, seines Wissens und Könnens bis zu seiner Pensionierung natürlich noch erhöht. Für seine Unfallrente bezahlt mein Kollege nun 14 583 S monatlich an Steuern. (Abg. Achatz: 14 000 S monatlich?) 14 583 S monatlich, das kann ich Ihnen zeigen! Er hat nämlich eine hohe Unfallrente von 34 000 S, weil er ein Pflegefall rund um die Uhr ist. Da müssen Sie nur hinausgehen und sich bei den Menschen erkundigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich frage Sie nun, Herr Staatssekretär: Wer ist nun bei diesen Fällen ein Härtefall? – Der zweite Fall auf Grund seines Einkommens aus Ihrer Sicht wahrscheinlich nicht. Deshalb sind wir Sozialdemokraten für eine restlose Beseitigung dieses Aktes der Herzlosigkeit gegenüber den 107 818 österreichischen Unfallrentnern. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich fordere Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ, auf: Zeigen Sie Ihr angebliches Herz, und stimmen Sie dem SPÖ-Antrag zu, um eine sofortige rückwirkende Aufhebung der unsozialsten aller unsozialen Maßnahmen dieser Bundesregierung zu ermöglichen! Machen Sie bei den Unfallrentnern eine Politik mit Hirn und Herz und nicht mit Schmerz! (Beifall bei der SPÖ.)

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