Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 68. Sitzung / Seite 141

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17.59

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Hohes Haus! Was bringt eine solche Zusammenfassung der Budgetverhandlungen, und was hat das letzte Jahr gebracht? – Es hat eine Jagd nach dem Nulldefizit gebracht. Es hat die Besteuerung von sozial schwachen Gruppen gebracht, und zwar nur von diesen. Es hat eine "Strukturbereinigung" – unter Anführungszeichen – gebracht, das heißt, eine Personalreduktion in Bereichen, wo es wirklich schmerzt. Es hat Zivildiener, Kranke, Unfallrentner, Pensionisten und Frauen sozusagen zu Opfern gemacht. Außerdem hat es gebracht, dass wir – das können Sie feststellen, wenn Sie die morgige Ausgabe des "Kurier" lesen – in der EU das Schlusslicht beim realen Einkommenszuwachs im Jahr 2002 sind. Diesbezüglich sind wir das absolute Schlusslicht in der Europäischen Union!

Mit dem Budget 2002 wird der eingeschlagene Weg fortgesetzt, auch wenn Sie von den derzeitigen Regierungsparteien bereits an sich selbst und an der Sinnhaftigkeit Ihrer Maßnahmen zu zweifeln beginnen, wie das in den Zeitungen ja schon zu lesen war.

Auffällig – das kann nicht oft genug betont werden – ist Ihr bildungspolitisches Null-Interesse und Ihre Null-Schwerpunktsetzung. Belastungen und Budgetkürzungen gibt es ganz besonders bei der Bildung, und das nennen Sie dann "zukunftsorientiert". Ankündigungen gibt es zwar genug, zum Beispiel die so genannte IT-Initiative und IT-Offensive oder das Jahr der Sprachen, aber passen Sie auf, sehr geehrte Damen und Herren, dass das Jahr nicht vorbei ist, bevor Sie aufwachen! Geschehen ist nämlich bis jetzt nichts.

Wie sollen zum Beispiel Sprachen in Größtklassen unterrichtet werden, wenn die Zahl der LehrerInnen reduziert wird? Ein Beispiel aus dem heutigen "Standard": In einem Wiener Gymnasium wurden früher 24 Klassen im Sprachunterricht geteilt. Heute sind es nur mehr sieben.

Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, werfen unserer Jugend Prügel vor die Füße, vor allem im Wettbewerb innerhalb der EU. (Beifall bei der SPÖ.)

Das bundespolitische Trauma des letzten Jahres in Bezug auf das Ressort Wissenschaft waren sicher die Studiengebühren, eine neue Bildungssteuer: 10 000 S pro Kopf und Jahr auf der "nach oben offenen Skala", wie Rektoren, Professoren und Vertreter unterschiedlicher Bildungsinstitutionen befürchten. Es gibt ja Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten, wo das freie Spiel der Kräfte schlimme Auswirkungen zeigt – Erfahrungen, sehr geehrte Damen und Herren, die wir hier in Österreich nicht machen wollen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

Die Freigabe der Studiengebühren statt eines freien Zugangs zur Bildung, das Hinaufschnellen der Gebühren und damit weniger Studentinnen und Studenten – auch das kann man ja als "Strukturbereinigung" bezeichnen. Weniger Studierende im Verhältnis zu den Lehrenden – eine "wunderbare" Statistik auf dem Papier! Der Regierung ist geholfen, sie braucht kein neues Konzept zu entwickeln, sie braucht das Konzept nicht zu verantworten, und sie braucht sich auch keine Gedanken zum Beispiel über das Anmeldungschaos an den Universitäten zu machen. "Mann" wird sich wieder problemlos anmelden können, denn es wird eben weniger Studenten geben. Und hier ist die männliche Form "Mann" und "Student" durchaus gerechtfertigt, denn diese Besteuerung erweist sich als äußerst frauenfeindlich, wie eben die Haltung der Regierungsparteien zu den Frauen im Allgemeinen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wen werden denn die Familien studieren lassen, wenn sie zwei Kinder haben und es sich dabei um ein Mädchen und einen Buben handelt? – (Abg. Schwarzenberger: Das Mädchen wahrscheinlich! Wir haben mehr Studentinnen als Studenten!)

Es gibt auch viele Frauen, die endlich versäumte Bildungschancen wahrnehmen könnten. Das sind nicht wenige. Das sind Frauen, die vor 20 Jahren keine Möglichkeit in Richtung höhere Bildung hatten. Das sind Frauen, deren Kinder jetzt größer sind und die sich selbständig machen wollen. Es gibt davon sehr viele! Ich kenne in Klagenfurt etliche Frauen, die ihr Studium abbre-chen werden müssen oder es gar nicht beginnen können, weil sie 10 000 S an Bildungssteuer pro Jahr nicht zahlen können. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie zer


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