Eine Frau, 20 Jahre hier wohnend, hat in Österreich Medizin studiert, absolviert mit Diplom. Herr Staatssekretär, Sie wissen, was passiert: Diese Frau darf in Österreich nicht als Ärztin arbeiten, obwohl an einer österreichischen Universität ausgebildet, ohne Probleme, tadellos das Studium absolviert! Keine Möglichkeit, hier zu arbeiten. Brauchen wir sie nicht? – Selbstverständlich brauchen wir sie an einem Krankenhaus. Dort arbeitet sie auch, aber nicht um ein reguläres Gehalt, sondern um 4 000 S als Gastärztin.
Das ist die Art und Weise, wie dieses Land Menschen, die hier zugewandert sind, 20 Jahre hier arbeiten, tätig sind, wohnen, ausnutzt. Nach wie vor gehört das zum österreichischen System und österreichischen Modell. Wenn Sie sagen, meine Damen und Herren, Integration vor Neuzuzug, dann muss ich dem entgegenhalten: Da lachen ja die Hühner! Da lachen doch die Hühner, das stimmt doch alles nicht! Eine Unwahrheit nach der anderen! (Beifall bei den Grünen.)
Ich zähle Ihnen auf, wie es aussieht: Seit Jahrzehnten gibt es mehrere Klassen von Beschäftigten – inländische, ausländische. Die ausländischen werden in mehrere Klassen eingeteilt: Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein, Sonderrechte für die eine Gruppe, noch weniger Rechte für die andere Gruppe – aber ganz sicher nicht gleiche Rechte. Ganz sicher nicht gleiche Rechte! Ausländische Beschäftigte, Arbeitsmigranten/-migrantinnen haben keine gleichen Rechte im politischen Bereich, bei den Arbeiterkammerwahlen, bei den Betriebsratswahlen. Auch bei den Gemeindewahlen dürfen sie nicht wählen, weil die ÖVP und die FPÖ der Meinung sind, da könnte ja ein Türke Bezirksvorsteher werden. Das wäre doch furchtbar! Das, was in allen anderen europäischen Ländern schon praktiziert wird und dort niemanden vom Stockerl reißt, ist in Österreich ganz furchtbar. Ein Türke im Betriebsrat, ein Türke in der Gemeindevertretung. – Da können wir nicht mehr leben, da fühlen wir uns nicht mehr wohl. Das ist die Realität!
Ich sage Ihnen noch etwas zu Ihren Unwahrheiten betreffend Integration vor Neuzuzug: Keine gleichen Rechte im sozialen Bereich, bei den Familienleistungen, in der Arbeitslosenversicherung, beim Wohnen. Ja nicht einmal im Steuerrecht, wo Sie die gleichen Rechte geben müssten, sind die Arbeitsmigranten und -migrantinnen gleichgestellt. So sieht’s aus!
Wenn die beiden Familienparteien ÖVP und FPÖ von den Segnungen des Kindergeldes sprechen, dann vergessen sie gerne, dass die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder von hier tätigen Arbeitsmigrantinnen komplett gestrichen wurde, dann vergessen sie, dass das Kinderbetreuungsgeld nach wie vor nicht gleichberechtigt an hier lebende ausländische Frauen gegeben wird, sondern es selbstverständlich – dazu stehen Sie auch – Einschränkungen gibt. Wo sind denn da die gleichen Rechte für hier lebende Menschen? Sie verweigern sie ihnen.
Herr Westenthaler sprach von Holland und meinte – und da lacht er –, dort könne man die Sozialhilfe kürzen, wenn sich jemand der Integration verweigert. Ja weiß denn Herr Westenthaler nicht, dass in Österreich Ausländer in den meisten Bundesländern nicht einmal einen Anspruch auf Sozialhilfe haben und dass die Sozialhilfe auch für Österreicher auf null gekürzt wird, wenn sie sich den Arbeitsmaßnahmen verweigern? Auf null und nicht wie in Holland um 25 Prozent! – Das sind Ihre Realitäten, zu denen Sie stehen, meine Damen und Herren!
Jetzt kommen wir zur Zuwanderung. Ich habe Ihnen schon erklärt: Es gibt keine gleichen Rechte im integrativen Bereich. Kommen wir zur Zuwanderung. Ich darf Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, daran erinnern, dass Sie in mehreren Anträgen unbeschränkten Zuzug von Saisonniers gefordert haben. Um erheblich weniger Geld wollen Sie hier Saisonniers unbeschränkt beschäftigen – neben den Quoten, die es für reguläre Zuwanderer gibt. Das ist Realität!
Ich darf Sie daran erinnern, meine Damen und Herren von FPÖ ...
Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!
Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ..., dass Sie offensichtlich ganz gut mit Schwarzarbeitern leben können, wie man am Beispiel etlicher freiheitlicher Spitzenpolitiker immer wieder bemerken musste, die sie in ihren Betrieben beschäftigt haben.