Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 77

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Wir Sozialdemokraten meinen jedenfalls, dass es mit dieser Änderung zu einer Machtkonzentration beim Innenministerium kommen wird. Bis dato waren ja diesbezüglich sehr ausgewogene Konsensregelungen möglich – und jetzt ist es doch so, dass durch die Vereinfachung und die Beschleunigung der Verfahren das zu Lasten der außenpolitischen Qualität gehen wird, allerdings zu Gunsten des Waffenhandels und der Rüstungsindustrie.

Ich kann wirklich nicht verstehen, warum gerade der Innenminister zur Beurteilung außen politisch schwieriger Entscheidungen befähigt sein soll, hat dieser doch – im Gegensatz zum Außen- oder Wirtschaftsminister – keine Informanten im Ausland. Und eigentlich hatte ich in der Diskussion im Ausschuss den Eindruck, dass Bundesminister Strasser erst dort so richtig die Tragweite dieser Entscheidung begriffen hat, dass er für alle Waffentransporte, die nach, aus und durch Österreich gehen, in Zukunft die Hauptverantwortung zu tragen hat.

Ich wünsche dem Herrn Innenminister jedenfalls viel Glück dabei! Und wir werden ja sehen, ob sich diese "Vereinfachung", wie der Herr Innenminister zuvor betont hat, tatsächlich als eine solche herausstellen wird.

Diese Ruckzuck-Legistik, die sich da wiederum eingestellt hat, zeigt unter anderem auch, meine Damen und Herren, dass sich da offensichtlich ein Fehler eingeschlichen hat, werden doch mit dieser Novelle auch die Vermittlungsgeschäfte in die Bewilligungspflicht einbezogen werden. Vergessen hat man jedoch, korrespondierende Strafbestimmungen für den Fall des Fehlens einer Bewilligung entsprechend zu ergänzen. Daher ist diese neue Bewilligungspflicht völlig sanktions- und wertlos. Das kann aber auch Ihrem "speed kills" zum Opfer gefallen sein. Daher, Herr Bundesminister für Inneres, würde ich Sie schon bitten, klarzustellen, ob man das wirklich so gewollt oder ob man das eben "nur" vergessen hat. – Jetzt ist das jedenfalls ein völlig zahnloses Instrument!

Meine Damen und Herren! Ich jedenfalls betrachte diesen jetzt eingebrachten FPÖ/ÖVP-Abänderungsantrag als den Versuch, diesbezüglich, und zwar in letzter Minute, zu einer Verfassungskonformität zu gelangen. Wir Sozialdemokraten sehen aber, dass das nicht stark genug ist – und dass all Ihr Handeln und Ihre Aussagen in Richtung Aushöhlung und scheibchenweiser Demontage der Neutralität geht. – Dem können wir Sozialdemokraten nicht zustimmen!

Wir bringen daher einen Entschließungsantrag ein, in dem es darum geht, klarzustellen, dass die Neutralität des Jahres 1955 für uns auch weiterhin bedeutet: keine Teilnahme an Kriegen, kein Beitritt zu militärischen Bündnissen, keine fremden militärischen Stützpunkte auf österreichischem Staatsgebiet!

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Parnigoni, Gaál und Genossen zum Tagesordnungspunkt 1

Die Bundesregierung wird ersucht, bei der Vollziehung des Kriegsmaterialgesetzes und des Truppenaufenthaltsgesetzes das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs stets zu berücksichtigen und folglich im Falle von friedensschaffenden Maßnahmen Bewilligungen nach dem Kriegsmaterialgesetz und für Truppenaufenthalte nur dann zu erteilen, wenn diese Maßnahmen entsprechend der Charta der Vereinten Nationen durchgeführt werden.

*****

Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Parnigoni und Gaál ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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