Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 201

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Es gab die längste Zeit eine, wie wir heute erkennen, verhängnisvolle Weltmarktorientierung, die nicht dem Umstand Rechnung getragen hat, dass Tiere eben Lebewesen sind und sich nicht wie tote Materie verhalten. Im Zuge dieser immer stärkeren Transportverflechtungen sind Krankheiten und Seuchen natürlich viel schwerer kontrollierbar. Aber auch die Herkunft von Tieren sowie die Haltungs- und Fütterungsbedingungen werden schwerer kontrollierbar. Wir wissen aber, dass die Konsumentinnen und Konsumenten in ganz Europa über diese Umstände genau Bescheid wissen wollen. Wir glauben, dass die Menschen auch ein Recht haben, zu wissen, woher ihre Lebensmittel – die selbst einmal gelebt haben – kommen.

Meine Damen und Herren! Insofern denke ich, dass sich – auch im Zuge dieser ganzen Skandale und der schrecklichen Bilder, die wir alle leider schon zu oft gesehen haben – jetzt vielleicht wirklich einmal eine Neuorientierung der österreichischen und der europäischen Agrarpolitik ergibt. Gerade wenn es um Nahrungsmittel des täglichen Bedarfs und um Lebewesen geht, muss das Prinzip heißen: Produktion aus der Region für die Region. Dass in beschränktem Umfang natürlich auch ein Handel möglich bleiben wird, ist klar. Aber insbesondere die Güter des täglichen Bedarfs sollten im Regelfall nicht über extrem weite Distanzen transportiert werden, denn das schafft auch ökologische Probleme, die letztlich nicht lösbar sind. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Abschließend möchte ich auf etwas hinweisen, was ebenfalls damit zusammenhängt. Wenn wir regionale Kreisläufe wollen – regionale, überschaubare, qualitätsgesicherte Produktion, Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und in der Weiterverarbeitung in den verschiedenen Regionen –, dann müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Verarbeitungsstrukturen im tierischen Bereich, also auch die Schlachthöfe, nicht völlig konzentriert werden und dass dort das Prinzip nicht nur heißen kann: Es herrscht ein ziemlich brutaler Verdrängungswettbewerb, und alle trachten danach, bei ihren Dienstleistungen noch ein bisschen billiger zu sein. – Vielmehr muss auch dort dem Charakter der Tiere als Lebewesen Rechnung getragen werden.

In den letzten Tagen haben uns erschütternde Bilder von geänderten Prozeduren beim Schlachten im Zuge der BSE-Krise erreicht. Es wird jetzt auf die Zerstörung des Kleinhirns verzichtet. Das klingt zwar grausig, ist aber für das Tier sehr wichtig und erspart ihm sehr viel Leid. Das findet jetzt nicht mehr statt. Wir haben Bilddokumente bekommen, wonach ein gut Teil der Tiere, vor allem große, schwere Stiere, leben und bei vollem Bewusstsein sind, wenn sie zerschnitten, zerteilt und letztlich zu Fleisch verarbeitet werden. Dazu kommt es, weil der Bolzenschuss nicht tötet, sondern nur wie eine Gehirnerschütterung wirkt. Das heißt, das Tier wird kurzfristig betäubt, aber nicht wirklich getötet.

Es handelt sich in diesem Fall um ein Beispiel aus Oberösterreich. Ich habe diesen Schlachthof nicht genannt, weil ich froh bin, dass es diesen Film gibt – das klingt vielleicht makaber, aber sonst hätten wir von alldem nichts gewusst – und dass dort wenigstens die Drehgenehmigung erteilt worden ist.

Es geht uns jetzt überhaupt nicht darum, jemanden zu kriminalisieren, sondern darum, diese schrecklichen Praktiken abzustellen. Da hoffe ich auch – das heißt, ich habe schon Signale in diese Richtung bekommen –, dass wir hier kooperieren können. Wir bringen heute dazu keinen unselbständigen Antrag ein, weil ich glaube, dass auch die anderen Fraktionen darüber diskutieren können sollen.

Wir wollen erreichen, dass Schlachtungen mit Betäubung auch jetzt, im Zuge der BSE-Krise, sicherzustellen sind. Ich möchte das hier nicht im Detail ausführen, aber es gibt Vorschläge von Expertinnen und Experten, wonach das auch unter Wahrung der BSE-Vorsichtsmaßnahmen sehr wohl geschehen kann. Es setzt aber eine Schulung und eine Umorientierung in den Schlachthöfen voraus.

Ich glaube, wir sind es den KonsumentInnen und auch den Tieren als Lebewesen schuldig, dafür Sorge zu tragen, dass wirklich jede Art von vermeidbarer Grausamkeit vermieden wird. Ich denke, wir könnten auch in diesem Fall ein Beispiel dafür setzen, dass es auf sachlicher Basis möglich ist, über die Parteigrenzen hinweg zu kooperieren. Ich halte es gerade in dieser zuletzt


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