Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 67

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Auch im Wirtschafts- und Sozialausschuss kann Österreich zwölf Mitglieder stellen. Die größten Länder in der Europäischen Union werden in Zukunft 24 Mitglieder stellen können. Hier sind unsere Länder entsprechend mit vertreten.

Etwas reduziert wurde die Zahl der österreichischen Mandatare im Europäischen Parlament. In Zukunft können von Österreich nur mehr 17 Mandatare gewählt werden, aber immerhin ist für ein österreichisches Mandat im Europäischen Parlament nur rund die Hälfte der Stimmen notwendig, die für ein deutsches Mandat im Europäischen Parlament erforderlich sind.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Dieser Tage ist mir eine Broschüre mit dem Titel "Ökosoziale Marktwirtschaft" von Theres Friewald-Hofbauer und Ernst Scheiber in die Hände gekommen. Im Vorwort, unter "Verantwortung für kommende Generationen", ist auf den EU-Gipfel in Nizza Bezug genommen worden. Es heißt hier – ich zitiere wörtlich –:

"Vom EU-Gipfel in Nizza berichteten die Medien im Dezember 2000: ,BSE-Schock rüttelt EU auf: Österreichs Agrarpolitik siegt.‘ Dazu wird die österreichische Delegation zitiert: ,Die Landwirtschaftspolitik als Ganzes steht jetzt zur Diskussion. Weg von Tierfabriken. Zurück zu naturnahen Produktionsweisen. Wir sehen jetzt ein breites Verständnis für die Ökosoziale Landwirtschaft. Das ist genau die Position, die Österreich schon ziemlich früh eingenommen hatte.‘"

Als wir 1987 in die große Koalition eingetreten sind, war das das agrarpolitische Konzept des damaligen Landwirtschaftsministers und späteren Vizekanzlers Joschi Riegler.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich hoffe aber, dass auch die sozialdemokratischen Regierungen in Europa zu einem Umdenken bereit sind. Es haben ja die realen Sozialisten bereits in den fünfziger Jahren die bäuerliche Landwirtschaft in den osteuropäischen Staaten abgeschafft, und es ist dort bereits die industrielle Landwirtschaft oder die Kolchosenwirtschaft entstanden. Aber auch in der EU ist unter dem Agrarkommissar Sicco Mansholt, einem holländischen Sozialisten, die Einleitung der industriellen Landwirtschaft in Europa versucht worden, mit der Begründung, die Lebensmittel müssten auch in Europa für die Konsumenten billiger werden.

Wenn wir vor etwa 20 Jahren noch 30 Prozent unserer Einkommen für Lebensmittel aufwenden mussten und es jetzt nur mehr 15 Prozent sind, dann ist, so glaube ich, ein Stand erreicht, wo die Lebensmittel wirklich nicht mehr billiger werden können. Man sollte deshalb die industrielle Landwirtschaft nicht noch weiter vorantreiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie der Abg. Dr. Moser. )

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die österreichische Delegation hat bei der Behandlung der Agenda 2000 nachhaltig die Degression der Marktordnungsprämien verlangt. Wir haben aber leider keine Mehrheit gefunden. Damals hat der deutsche Bundeskanzler Schröder noch gesagt, die Schrebergartenlandwirtschaft in der Alpenrepublik werde keine Zukunft haben, denn auch die Landwirtschaft werde sich industrialisieren müssen. Wir haben aber gehofft, dass mit der Übernahme des Konsumentenschutz- und Agrarreferates durch die grüne Ministerin Künast in Deutschland diesbezüglich eine Änderung eintreten könnte.

Bisher, sage ich ganz offen, wurden wir enttäuscht. Es gab bereits die Diskussion, die Rinderproduktion in Europa einzudämmen, weil vermutet wird, dass der Rindfleischkonsum nachhaltig geringer werden wird – Kommissar Fischler hat als Obergrenze 90 Tierprämien pro Betrieb vorgeschlagen. Interessanterweise war es die deutsche grüne Ministerin Künast, die diese Einschränkung ganz massiv kritisierte und zu verhindern versuchte. Am 24. April, vor zwei Wochen, ist im Europäischen Parlament, im Landwirtschaftsausschuss, über dieses Thema abgestimmt worden, und leider hat sich eine große Mehrheit, alle deutschen Abgeordneten, auch die Grünen und die Sozialdemokraten, gegen die Einführung einer Obergrenze bei den Tierprämien ausgesprochen. (Abg. Prinz: Schau, schau!) Hier wäre den österreichischen Sozialdemokraten zu empfehlen, in Deutschland etwas an "Entwicklungshilfe" zu leisten.


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